Handball: Ab der 47. Minute überschlugen sich die Ereignisse in der Mitteldeutschen Oberliga. Nicht die Handballer des SV Hermsdorf und des HV Rot-Weiß Staßfurt standen im Mittelpunkt, sondern die beiden Schiedsrichter.
Hermsdorf. „Ich spiele schon seit 20 Jahren Handball. So etwas, wie heute, habe ich noch nicht erlebt“, sagte Hermsdorfs Mannschaftskapitän Robert Zehmisch Minuten nach dem Abpfiff der Partie der Mitteldeutschen Oberliga zwischen dem SV Hermsdorf und dem HV Rot-Weiß Staßfurt.
Die Handballer aus Staßfurt retteten einen 24:23-Sieg (13:6) über die Ziellinie, obwohl sie zur Pause schon mit sieben Toren vorn lagen. Doch nicht das Spiel brachte Zehmisch so in Rage, sondern die beiden Schiedsrichter Ronny Schlorke und Andreas Schwarz, beide vom HC Leipzig. „Mit solch einer Spielleitung machen sie den schönen Handballsport kaputt. Das geht so nicht, was sie vor allem ab Mitte der zweiten Halbzeit geboten haben. Ich darf das nicht entscheiden. Wenn man streng ist, dürften diese Sportfreunde kein Spiel mehr in der Mitteldeutschen Oberliga pfeifen“, sagte Zehmisch.
Zehmischs Ärger war verständlich, als die Spielleiter in der 47. Minute erst Co-Trainer Peter Wolter und kurz darauf Tobias Högl mit Rot vom Feld schickten.
Als die Hermsdorfer nur mit zwei Feldspielern und einem Torwart auf dem Feld standen, weil die anderen Spieler Zeitstrafen abbrummten, saß kaum noch ein Zuschauer auf seinem Platz. Die Stimmung war angeheizt. In einem packenden Spiel zweiter gleichwertiger Mannschaften auf Oberliga-Niveau passten die beiden Herren in Gelb und Schwarz einfach nicht zum Spiel. „Sie haben sich ja nur darauf gewartet, bis jemand etwas sagt, um dann Zeitstrafen zu verteilen. Das hatte mit Handball nichts mehr zu tun“, sagte Zehmisch.
SVH-Trainer Mario Kühne flippte an der Außenlinie mehrfach aus, weil er die Entscheidungen der beiden Spielleiter nicht nachvollziehen konnte. Irgendwie hatte es für einen objektiven Beobachter des Spiels den Anschein, als ob die Hermsdorfer an diesem Abend wohl noch drei Stunden hätten spielen können, zum Sieg hätte es wohl nicht gereicht. So offensichtlich waren einige Entscheidungen, die lange Zeit nur gegen Hermsdorf geahndet wurden.
Dass die Hermsdorfer Handballer nach zuletzt drei Siegen nicht ihren vierten Sieg feiern konnten, hatten sie sich aber selbst zuzuschreiben. Dazu war der Auftritt in den ersten 30 Minuten einfach zu schwach. Sechs Tore in einem Heimspiel ließen beim Pausenpfiff kaum noch Platz für Hoffnungen auf einen Punkt oder gar auf zwei. Doch Hallensprecher Ralf Kühne hatte wohl schon eine Vorahnung, als die Zuschauer mit dem Satz in die Pause entließ, dass wir uns noch auf eine interessante Halbzeit freuen dürfen.
Bis zur 42. Minute sah alles nach einem klaren Sieg für Staßfurt aus. Der Gast führte 17:12. Daran konnten auch die drei gehaltenen Siebenmeter vom Petr Nedved nichts ändern. Es folgten 18, schier nicht enden wollende Minuten mit vielen Unterbrechungen, mit vielen Zeitstrafen, mit vielen Diskussionen. Und immer im Mittelpunkt standen die zwei Spielleiter. Dass die Hermsdorfer die Phase in vierfacher Unterzahl nur mit einem Gegentor überstanden, glich einem Wunder. Beim 17:18 (52.) durch Marvin Schreck über Linksaußen und Wendt zum 18:19 (54.) war der SVH bis auf ein Tor heran gekommen. Die Staßfurter überstanden die kritische Phase und konnten sich noch einmal befreien. Punkt 21.05 Uhr war Schluss. Hermsdorfs Schiedsrichterbetreuer Jens Hanse lief schnell aufs Parkett, um die beiden Schiedsrichter sicher vom Spielfeld zu begleiten. Eine Spieler-Frau konnte gerade noch vom Abteilungsleiter Peter Winkler zurück gehalten werden. Sie wollte offenbar auch ihren Frust verbal loswerden.
SVH: Nedved, Zehmisch – Rudolph, Fischer, Schreck (4), Högl (3), Angres, Wendt (2), Riedel (1), Zele (6), Heilwagen (3), Ehm (2), Geisenhainer, Fazik (2)
Jens Henning / 03.03.15 / OTZ
SVH-Stimmen
Jan Heilwagen: Das Spiel hat gezeigt, dass selbst ein Rückstand von sieben Toren nichts zu sagen hat beim Handball. Warum bei uns in der ersten Halbzeit nichts klappte, darauf habe ich keine Antwort parat. Sonst wäre sicher mehr drin gewesen.
Stefan Riedel: Es war ein geiles Spiel. Die Niederlage tut weh, wirft uns aber nicht um. Mit den Zuschauern im Rücken werden wir in den anderen Heimspielen nicht chancenlos sein. Zu den Schiris fällt mir nur ein: Gute Schiedsrichter sind die, die nicht auffallen, die man gar nicht mitbekommt.
jehe