Handball Fast 2000 Handball-Fans kommen am Sonntagabend in der Jenaer Sparkassen-Arena zusammen. Sie erleben einen Thüringer- und Bundesliga-Krimi und das deutsche Handball-Wintermärchen.
Von Martin Kappel
Jena. Dicht an dicht stehen sie am Sonntag vor der Sparkassen-Arena in Jena: Vom Rennsteig, dem Weimarer Land, Apolda, dem Saale-Orla- und Holzland-Kreis sowie aus anderen Ecken Thüringens sowie Sachsens haben sie ihre Fahrer in das Handball-Mekka und zu einem der größten Public-Viewings von Deutschland gebracht.
Trommeln, Jubelschreie und tiefe Bässe der Tor-Melodie dröhnen aus der Arena. Und wo außen die Parkplätze randvoll sind, sind im Inneren die Ränge fast bis zum Bersten gefüllt. Über den Sitzreihen werden die Hälse lang, sind Handys und Kameras gezückt. Auf dem Spielfeld findet gerade ein wahrer Handball-Krimi zwischen SV Hermsdorf und dem HSV Apolda statt. Unüberhörbar über den Reihen die Gruppe von Männern, die mit rhythmischen Schlägen der Drumsticks auf leblose Trommelfelle, selbst die Lahmen wieder zum Gehen brächten.
Die Luft über der Lichtanlage flimmert. Nahezu abwechselnd bringen Hermsdorf und Apolda die Kugel im Netz unter. Gleichstand und die Arena tobt. Keine zwei Minuten vor Schluss liegt SV 23:24 zurück, der mit einem 7-Meter ausgleichen könnte. Doch das Leder prallt am Pfosten ab. 90 Sekunden vor Schluss das 25:23 für Apolda. Doch Hermsdorf gibt nicht auf und kann 23 Sekunden vor Spielende den Anschluss landen und Apolda sieht eine Rote Karte. 4,4 Sekunden noch, Hermsdorf ist dran – und scheitert am Schlussmann der Apoldaer.
So laut es eben noch war, wirkt die Stimmung zunächst etwas verhaltener beim Spitzenspiel der beiden Bundesligisten aus Leipzig und Berlin. Doch noch vor dem Halbzeitpfiff haben die Zuschauer ihren jeweiligen Sympathieträger gefunden – der Lautstärke nach wohl der DHfK Leipzig. Und genau dieser erkämpft vor allem in der zweiten Halbzeit immer wieder einen Zwei-Punkt-Führung vor den Berliner Füchsen. Erst eine Minute vor Schluss liegt Berlin wieder mit 26 Zählern gleichauf.
Nach einer kurzen Leipziger Führung zieht Berlin nach bei 0,0 Sekunden auf der Uhr, die der große Würfel unter dem Hallendach zeigt. Beim 27:27-Endstand schalten dessen Bildschirme rechtzeitig, drei Minuten vor dem Anpfiff des EM-Finales, nach Polen.
Und während die Eltern die Live-Übertragung verfolgen und Zeuge des deutschen Titelgewinns werden, vertreiben sich die wartenden Kinder die Zeit auf ihre Art und werfen mit dem Handball auf das Tor.
Wahrlich – das Herz eines jeden Handballes muss an diesem Abend höher geschlagen haben.
Otz/01.02.16/Martin Kappel