Handball Mitteldeutsche Oberliga: Mit dem 32:28 (15:14)-Heimerfolg über den HC Aschersleben wahren die Männer des SVH ihre Chance für ein weiteres Jahr in der vierthöchsten Spielklasse.
Von Jens Henning
Hermsdorf. Die Handballer des SV Hermsdorf haben am Sonnabend nicht nur den Tabellendritten HC Aschersleben mit 32:28 (15:14) besiegt. Mit dem Sieg im drittletzten Heimspiel wahrte die Mannschaft ihre Chance auf eine weitere Saison in der Mitteldeutschen Oberliga. Es wäre die siebte in der vierthöchsten Spielklasse.
21 Punkte haben die Hermsdorfer. Fünf braucht das Team wohl noch.
SVH-Trainer Mario Kühne ließ seinen Ankündigungen Anfang der Woche Taten folgen. Mit Ferenc Bergner und Matej Fazik standen zwei Spieler im 14-Mann-Kader, mit denen wohl die wenigsten gerechnet hätte. „Ich musste was verändern. Ich musste ein Zeichen setzen nach den letzten Ergebnissen. Ich bin froh, dass das alles so gut gelaufen ist“, sagte Kühne.
Kassierten die Hermsdorfer zuletzt 38 beziehungsweise 39 Gegentore, ließ die neu formierte Hintermannschaft diesmal nur 28 Gegentore zu und das gegen einen sehr starken Gegner aus Aschersleben.
Der Sieg war verdient. Aschersleben, das keinesfalls enttäuschte, führte im gesamten Spiel nur dreimal – das war nach 52 Sekunden beim 1:0 und das war nach 41 beziehungsweise 43 Minuten beim 21:20 und 22:21.
Als die überzeugenden Schiedsrichter das Punktspiel abpfiffen, nahm sich Kühne für einige Sekunden eine kurze Auszeit auf der Bank. Die Hände hielt er vors Gesicht. Man spürte seine Erleichterung. Hätte seine Mannschaft auch noch das Spiel verloren, wäre der Klassenerhalt wohl kaum noch aus eigener Kraft zu schaffen gewesen.
In Euphorie verfiel Kühne nicht, auch nicht Kreisläufer Michael Seime, der einer der auffälligsten SVH-Spieler war. „Wir haben heute gewonnen. Das ist schön. Wenn wir aber nächste Woche wieder verlieren, ist wieder alles beim Alten“, sagte Seime. Der bullige Spieler, der zu den besten Kreisläufern gehört, nähert sich wieder seiner Top-Form aus dem Herbst 2014.
Noch gefragter als Seime war Linkshänder Eric Fischer. Der sonst so introvertiert wirkende Fischer legte eines seiner besten Spiele für den SVH aufs Parkett. „Ja, ich bin sehr glücklich, dass es heute bei mir so gut lief. Ganz wichtig war mein Start. Wenn der funktioniert, kann es mein Spiel werden.“ Fischers erster Wurf zappelte im Netz. Am Ende brachte es Fischer auf neun Tore, genauso viel wie Seime.
Dass Fischer überhaupt so viele Einsatzzeiten bekam, war eine Bauchentscheidung des Trainers. „Als ich am Freitagabend von Stefan Riedel die Absage bekam, musste ich meinem Match-Plan, den wir uns zurecht gelegte hatten, umschreiben. Den Eric hatte ich bis dahin nicht auf meinem Zettel stehen“, sagte Kühne. Fischer, der sechs Tage zuvor 26 Jahre alt wurde, kam, sah und siegte – und wie. Der Linkshänder befindet sich auf seiner Abschiedstour. Er wird die Hermsdorfer am Saisonende aus beruflichen Gründen verlassen. „Ich bewerbe mich in Mitteldeutschland.“
Was nicht nur dem Trainer Kühne gefiel, war die Bereitschaft seiner Spieler, an diesem Abend Verantwortung zu übernehmen. Die Worte „Verantwortung übernehmen“ standen auch auf einen der acht Motivationszettel in der Hermsdorfer Kabine.
Hermsdorfs Tobias Högl musste das Spiel ab der 41. Minuten von außen verfolgen. Nach einer Abwehraktion auf der linken Seite sah er Rot, genauso wie der Gäste-Spieler Jens Schmidt, der den am Boden liegenden Högl nachgetreten haben soll. Der HC-Kreisläufer beteuerte auf dem Weg in Richtung Zuschauerplätze seine Unschuld. „Ich habe und wollte ihn nicht treffen.“
SV Hermsdorf: Nedved, Zehmisch – Högl (2), Kiss (5), Fazik, Reis (2), Rudolph (3), Fischer (9), Soos, Heilwagen (2), Seime (9), Schreck, Ehm, Bergner.
Otz/21.03.2016/Jens Henning
Ferenc Bergner hilft mit 41 Jahren noch einmal aus
Hermsdorf. „Ich war schon etwas überrascht über den Anruf“, sagte Ferenc Bergner (41). Vor neun Tagen, nach der Auswärtspleite der Hermsdorfer in Staßfurt, fragte erst Trainer Mario Kühne an, später Vorstandsmitglied Jens Friedrich. Die SVH-Verantwortlichen mussten reagieren auf die vielen Gegentore. „Ich habe gesagt, dass ich am Mittwoch und Donnerstag mittrainiere, um zu sehen, ob es geht.“
Hinter Bergner lag eine lange Verletzungspause. Er hatte sich im Dezember eine Handverletzung zugefügt. Das Verbandsliga-Punktspiel der dritten Mannschaft in Altenburg, einen Tag nach Staßfurt, war sein erstes Spiel. „Es ging viel besser, als ich dachte. Auch das Training mit der ersten Mannschaft.“ Dem Comeback stand nichts im Wege. Er wollte am Sonnabend aber auch seiner dritten Mannschaft helfen im Derby gegen Eisenberg. Zwei Stunden später folgte das Oberliga-Spiel. „Es war schon ungewohnt, wieder einzulaufen vor so vielen Zuschauern. Bei einigen habe ich gespürt, dass sie nicht mit mir gerechnet hatten.“ Kühnes Schachzug, Bergner zu aktivieren, glückte. „Ich sollte die Abwehr festigen und im Angriff den Ball sichern. Das hat gut geklappt.“ Zu einem eigenen Tor reichte es nicht. „Es gab ein, zwei Situationen, wo die Schiedsrichter davor abpfiffen und mir die Chance, aufs Tor zu werfen, genommen haben.“ Dass er mit 41 noch einmal in der ersten Mannschaft aushalf, lag an der Tabellenlage. „Hermsdorf gehört in die Regionalliga. Deshalb wollte ich meinen Beitrag leisten, dass wir das schaffen.“ Regionalliga, Herr Bergner? „Für mich ist diese Oberliga die Regionalliga.“ An mehr als eine Aushilfe denkt Bergner nicht, auch nicht an eine Trainer-Laufbahn. „Ich habe gefühlt jetzt schon an die 34 Jahre leistungsorientiert Handball gespielt. Ich brauche eine Pause, brauche Abstand. Und dann habe ich eine wundervolle Familie.“
Otz/21.03.2016/Jens Henning