Mario Kühne ist der seit Ende Mai der Sportliche Leiter bei den Handballern des SV Hermsdorf – über seine Aufgaben und Erwartungen für die kommende Saison.
Von Marcus Schulze
Hermsdorf. Die Spieler begrüßen ihn wie einen alten Freund. Als Mario Kühne bei einem Training der Handballer des SV Hermsdorf einmal eher zufällig vorbeischaut, ist die Freude bei den Spielern recht groß. Es wird sehr viel gelacht. Fast könnte man meinen, dass er jeden Moment mit in das Training von Pierre Liebelt und seinen Mannen einsteigt. Doch dem ist natürlich nicht so, auch wenn der eine oder andere Spieler – allen voran Martin Ehm – natürlich mit einem zwinkernden Auge beim Sportlichen Leiter der 1. Männermannschaft des SV Hermsdorf nachfragt. Wo er denn seine Trainingsklamotten gelassen habe? Mario Kühne winkt nur ab – und lacht natürlich dabei. Wahrscheinlich hat er schon erahnt, dass solche Fragen kommen werden.
Nein, in das Trainingsgeschehen wird er nicht eingreifen, vielmehr nimmt er auf einer Bank Platz, lässt das Dargebotenen auf sich wirken und redet über sein neues Amt, welches er seit Ende Mai innehat. Obwohl, so einfach sei das alles gar nicht, sein künftiges Aufgabengebiet sei noch nicht in Gänze erschlossen, und er möchte auch nicht auf Teufel komm heraus pauschalisieren. „Wir sind diesbezüglich gerade noch ein wenig in der Findungsphase. Grundsätzlich bin ich für die 1. Männermannschaft bezüglich neuer Spieler und Verträge verantwortlich. Außerdem werde ich mich künftig um alles kümmern, was die 1. Männermannschaft in administrativer Hinsicht betreffen wird“, erläutert Mario Kühne sein neues Metier. Doch damit nicht genug, wird der 34-Jährige in der kommenden Saison Coach Pierre Liebelt in Sachen Trainingsarbeit tatkräftig unterstützen – gerade bei den zahlreichen Details. Doch Kühne, der einst selbst als Trainer beim SV Hermsdorf fungierte, zieht eine klare Grenze, wenn es denn um sein neues Tätigkeitsfeld geht. „Ich werde mich bei den Spielen definitiv nicht mit auf die Bank setzen. Das ist allein Pierre sein Refugium. Ich werde nicht noch den Co-Trainer geben. Darüber sind wir uns beide einig“, sagt er und schiebt dann noch ergänzend hinterher: „Wenn zwei Alphatiere auf der Bank sitzen, kann das nicht gut gehen.“
Mario Kühne wird nicht auf der Bank sitzen
Zwei Alphatiere also da beim SV Hermsdorf, von denen jedoch eines – wenn es denn darauf ankommen sollte – am längeren Hebel sitzt: Mario Kühne. „Am Ende entscheide ich in Zusammenarbeit mit dem Vorstand auch über Pierres Kopf hinweg“, betont der Sportliche Leiter, der sich als Bindeglied zwischen Vorstand und dem SV-Coach versteht.
Und besagtes Bindeglied ist eine ausgesprochene Neuerung beim SV Hermsdorf. Einen sportlichen Leiter gab es bis dato noch nicht.
Bindeglied zu einem, Entlastung für den Trainer zum anderen. Gerade was den zweiten Aspekt betrifft, weiß Mario Kühne, mit Blick auf seine eigene Zeit als Trainer, wovon er spricht. „Als Trainer musst du dich auch um ganz banale Dinge wie etwa den Ausrüster für das Team kümmern. Damit muss sich Pierre künftig nicht mehr herumschlagen.“ Zusätzlich wird er sich als Sportlicher Leiter auch das eine oder andere Spiel eines kommenden Gegners des SV Hermsdorf in der Thüringenliga anschauen.
Dazu gesellt sich jedoch noch ein weiteres Tätigkeitsfeld für Mario Kühne, betreut er doch nun auch die Sponsoren der Handballer aus Hermsdorf. Darüber hinaus soll er auch bei möglichen Problemen der Spieler der erste Ansprechpartner sein – noch vor dem Vorstand.
In gewisser Weise ist es eine Rückkehr für Mario Kühne zum SV Hermsdorf. Er war zwar stets ein Mitglied, sprang auch einmal kurzerhand für den erkrankten Pierre Liebelt im Februar gegen den HC Glauchau ein, doch da war eben jene Episode im März 2016, als ein paar unschöne Worte zwischen ihm und Steffen Reis, seines Zeichen Geschäftsführer der Handball Marketing Hermsdorf GmbH, fielen, und er daraufhin als Trainer zurücktrat.
Wenn Mario Kühne, der von alleine auf jene Zeit zu sprechen kommt, darüber redet, merkt der Zuhörer, dass er da gar nicht so sehr ins Detail gehen möchte. „Ich habe mich danach erst einmal zurückgezogen.“ Es sei nun einmal passiert, alte Kamellen halt. Er und Steffen Reis hätten sich diesbezüglich längst ausgesprochen.
Steffen Reis ließ nicht locker
Und es war dann eben auch Steffen Reis, der in der Hinrunde der Saison 2016/17 auf Mario Kühne zukam und ihn fragte, ob er denn nicht die Nachfolge von Steffen Schreiber antreten möchte. Mario Kühne lehnte ab, brachte dafür aber Pierre Liebelt ins Spiel. „Wir kennen uns seit Jahren, und er hat sein Zeug hier richtig gut gemacht.“
Doch Steffen Reis habe nicht locker gelassen, wollte Kühne unbedingt wieder mit an Bord haben, der sich jedoch gegen die vorderste Front – sprich die Bank – aussprach. Schließlich fand man eine Lösung und schuf den Posten des sportlichen Leiters, der den Trainer – zum einen – , den Vorstand, zum anderen, entlasten soll.
Wenn Mario Kühne, der gebürtiger Hermsdorfer ist, sagt, dass es für eine Herzensangelegenheit sei, sich wieder in den Dienst des SV Hermsdorf zu stellen, liegt das nahe. Man nimmt ihm das ohne Wenn und Aber ab, schließlich baute er einst gemeinsam mit Jens Friedrich die neue Mannschaft nach dem Abstieg aus der Regionalliga Südwest 2009 auf. Zwei Jahre später sollte ihnen dann der Aufstieg in die Mitteldeutsche Oberliga gelingen. Seit der Jugend hatten er und Friedrich zusammengearbeitet, agierten später als eben Trainergespann, bei dem Kühne die Rolle des zweiten Mannes auf der Bank übernahm. „Es waren erfolgreiche Jahre. Es hat auch menschlich zwischen uns gepasst“, sagt Mario Kühne rückblickend. 2014 trat Jens Friedrich zurück und der zweite Mann übernahm schließlich das Handball-Kommando – bis eben zum März 2016.
Doch natürlich reicht die Geschichte des Sportlichen Leiters beim SV Hermsdorf noch weiter zurück. Mario Kühne, der als Standesbeamter seine Brötchen in Hermsdorf verdient, stieß mit 19 Jahren zur 1. Mannschaft. Bis zu seinem 13. Lebensjahr spielte er Fußball, entschied sich dann jedoch für den Handball, da er, um in seiner Altersklasse kicken zu können, nach Silbitz hätte wechseln müssen. „Ich bin, was den Handball betrifft ein richtiger Spätzünder.“ 2006 erlitt er in der Partie gegen den HG Saarlouis einen doppelten Kreuzbandriss im linken Knie. Danach konnte der Rückraumspieler nie wieder an die Leistungen von einst anknüpfen. Letztlich war die Verletzung der Grund dafür, dass er sich dafür entschied, künftig an der Außenlinie das Geschehen zu dirigieren. „Ich habe immer gesagt: Wenn ich mich schwer verletze, höre ich auf“, sagt Mario Kühne und verweist auch darauf, dass er die Verletzung bei seinen Versuchen in der 1. Mannschaft wieder Fuß zu fassen, stets im Hinterkopf gehabt habe. Er habe nie wieder völlig frei aufspielen können.
Was er denn vom SV Hermsdorf in der kommenden Saison in Thüringenliga erwarte? „Das Wichtigste ist erst einmal, dass mit Pierre die 1.Männermannschaft in ein ruhigeres Fahrwasser gekommen ist. Die Erfolge sind zwar noch nicht gleich eingetreten, doch alles in allem haben wir jetzt im Verein wieder mehr Ruhe“, hält Mario Kühne fest.
Blickt er indes auf die Thüringenliga, weiß er, dass es definitiv kein Selbstläufer werden wird, zumal der HBV Jena 90 in Sachen Personal unter anderem mit Sebastian Triller ordentlich aufgerüstet hat. Und dann wären da noch die üblichen Verdächtigen wie der HSV Ronneburg oder der VfB Mühlhausen 09. „Das wird eine knallharte Saison. Alle werden gegen uns als Absteiger aus der Mitteldeutschen Oberliga hochmotiviert sein. Ich sehe uns nicht als Favorit“, sagt der Sportliche Leiter. Dennoch müsse das Ziel des SV Hermsdorf darin bestehen, es zumindest unter die ersten drei der Liga zu schaffen. „Das verlangen wir von der Mannschaft. Wir haben zweifelsohne das Potenzial, Pierre kann die gesamte Vorbereitung nutzen, da muss ein solcher Platz im Bereich des Möglichen liegen“, sagt Mario Kühne, der darum weiß, dass die „Kreuzritter“ aufgrund des Abstiegs etwas Kredit bei ihren Fans in der Region verspielt haben. „Wir waren über viele Jahre der Verein in der Region, der in der höchsten Liga gespielt hat, der die meisten Zuschauer anlockte. Wir sind zweifelsohne ein Aushängeschild in Sachen Sport im Saale-Holzland-Kreis – und das wollen wir auch bleiben!“, sagt Mario Kühne, während Maximilian Remde, Martin Ehm, Cedric Schreiber, Felix Reis und wie sie alle heißen beim Tabata-Training der Marke Liebelt ordentlich ins Schwitzen kommen. Und der Sportliche Leiter verfolgt das Geschehen vor seiner Nase sehr genau. Fast so, als ob er doch noch einsteigen möchte.
Spaß mit der „Bierbauch-Mannschaft“
Ach ja, so ganz kann Mario Kühne dann doch nicht vom Handball lassen. In der 3. Mannschaft, der „Bierbauch-Mannschaft“ wie er sie geradezu liebevoll nennt, greift er hin und wieder noch in das Geschehen aktiv ein. „Mit denen macht es richtig Spaß. Das ist eine super Truppe.“
Otz/Marcus Schulze/19.07.2017