Hier noch der Vorbericht zum Frauenspiel in Nordhausen
Mit Spielerinnen aus dem eigenen Nachwuchs sollen bei den Damen des SV Hermsdorf die Weichen für die Zukunft gestellt werden
Die neue Doppelspitze bei den Damen des SV Hermsdorf: Vanessa Panck (links) und Steffi Lippold. Fotos (2): Marcus Schulze
Holger Panzner in seiner Denkerpose.
Von Marcus Schulze
Hermsdorf. Holger Panzner läuft in der Werner-Seelenbinder-Halle in Hermsdorf auf und ab. Jedoch nicht hektisch oder hochgradig angespannt, vielmehr agiert er gemächlich und lässt das Dargebotene seiner Handballerinnen auf sich wirken. Dabei verharrt der SV-Trainer bevorzugt in ein und derselben Pose, der Denkerpose. In schöner Konsequenz stützt er seinen linken Arm mittels Ellenbogen auf sein rechtes Exemplar, welches er irgendwo zwischen Bauch und Brust angelegt hat. So schlendert er nun von der einen Seite der Halle auf die andere, fährt sich ab und an mit der linken Hand durch den Bart und wirkt aufgrund seines eher bedächtigen Schrittes wie ein einstiger Schüler von Aristoteles, der da durch den Peripatos, eben jene Wanderhalle in der philosophischen Schule des großen Denkers, wandelt, den Kopf dabei voller Gedanken.
Im Falle von Holger Panzner drehen sich die Gedanken bei besagten Gängen jedoch in erster Linie um Handball, schließlich verfolgt er das Training seiner Spielerinnen äußerst akribisch. Die wiederum gehen ein ums andere Mal diverse Spielzüge durch, denen voran Parolen wie „Sauerkraut links“ oder „Sauerkraut rechts“ erklingen – es sind die Namen der einzelnen Varianten. Mitunter kommt es vor, dass sich eine Spielerin im Rahmen des vorgegebenen „Sauerkraut-Korsetts“ falsch bewegt – und dann ist Holger Panzner zur Stelle. Er kommt von seinem eigentlichen Pfad ab und greift in das Geschehen in der einen Hälfte der Halle ein. Mit ruhiger Stimme erklärt er, was da gerade falsch lief.
In diesen „Sauerkraut -Momenten“ ging es in erster Linie um Spielsicherheit, darum, dass gewisse Abläufe habitualisiert werden, irgendwann keiner Reflexion mehr bedürfen und wie selbstverständlich dargeboten werden. Doch bis zu diesem Selbstverständnis sei es ein mitunter langer Weg – gerade wenn das Team grundlegend neu formiert wurde, gibt Holger Panzner nach dem Training zu bedenken.
Großer Schritt für junge Spielerinnen
Der neue SV-Trainer der Damen, der in den Jahren zuvor als Co-Trainer fungierte, strahlt Ruhe aus. Diese wiederum ist womöglich vonnöten, wenn man das Kommando über ein Team übernimmt, dem zentrale Spielerinnen abhandengekommen sind. Doch dieses Kapitel wollen Holger Panzner sowie Co-Trainerin Christina Fechner nun endgültig zu den Handball-Akten legen. Man will, wie heißt es doch so schön, nach vorn schauen. Nach vorn, dass bedeutet im Fall des SV Hermsdorf, dass in der Saison 2017/18 insgesamt neun Nachwuchsspielerinnen aus der eigenen A- und B-Jugend in den Kader der Frauenmannschaft nachgerückt sind. Dort werden sie künftig unter anderem mit Kerstin Golz, Lena Kirsch oder Hanna Dörfer spielen. „Das ist sicherlich für die jungen Spielerinnen ein sehr großer Schritt. Wir werden sehen, wie sie zu anfangs damit umgehen werden“, sagt der Trainer. Zum Nachwuchs gesellen sich außerdem noch Sarah Meißner, die nach fünfjähriger Pause reaktiviert wurde, Sáry Kitty, die vom TV Jan Duderstadt kommt, und Christina Fiedler, vormals Eintracht Eisenach. In Gänze zählt der Kader 19 Spielerinnen.
Holger Panzner macht keinen Hehl daraus, dass es womöglich alles andere als einfach für sein Team in dieser Saison in der Thüringenliga werden wird. „Mit den jungen Spielerinnen musst du erst einmal in dieser Liga bestehen“, sagt der Trainer, der jedoch hofft, dass mit einem geschlossenen Auftreten seiner Mannschaft etwas zu bewerkstelligen sei. Denn es sei dieses Geschlossenheit, die sein Team auszeichne. Das Ziel für die Saison lautet dann auch schlichtweg Klassenerhalt, mehr sei wohl fürs Erste mit der jungen Truppe nicht möglich. Doch der Coach denkt weiter. Es gehe hier nicht nur um eine weitere Saison in der Thüringenliga, vielmehr gehe es darum, Spielerinnen auf lange Sicht in der 1. Damenmannschaft zu etablieren. Es sei laut Panzner ein Vorhaben für die Zukunft.
An der Spitze der SV-Damen wird indes künftig ein Duo stehen: Vanessa Panck (21) und Torfrau Steffi Lippold (41). „Es läuft ganz gut. Die jungen Spielerinnen integrieren sich so nach und nach ins Team, die Stimmung ist recht ausgelassen“, sagt Steffi Lippold. Das Mannschaftsklima sei mittlerweile ein völlig anderes, sei um einiges besser als in den Jahren zuvor, sagt indes Vanessa Panck. Die Rückraum-Spielerin freut sich jedenfalls auf ihre neue Aufgabe samt der damit verbundenen Verantwortung. „In der Abwehr hatte ich ja sowieso schon das Kommando, jetzt werde ich wohl auch verstärkt Akzente in der Offensive setzen müssen“, so die Spielführerin, die darum weiß, dass sie jetzt mit ihren gerade einmal 21 Jahren noch mehr in der Pflicht steht. Die jüngeren Teamkolleginnen würden sich natürlich an den älteren und naturgemäß erfahreneren Spielerinnen orientieren. „Ich freue mich, wenn sie mich um Rat fragen“, sagt Vanessa Panck, die seit ihrem sechsten Lebensjahr das Trikot des SV Hermsdorf trägt. Steffi Lippold betont zudem, dass sich ja fast alle Spielerinnen im Großen und Ganzen aus dem Verein kennen würden.
Seit Mitte Juli trainieren die SV-Damen, außerdem gab es an einem Wochenende im August auch ein ausgiebiges Trainingslager, an dem insgesamt 25 Handballerinnen aus dem Frauen – und Jugendbereich teilnahmen. An besagtem Wochenende ging es jedoch nicht ausschließlich um Handball. „Gerade jenseits der Trainingseinheiten hat man gesehen, dass sich alle sehr gut verstehen“, berichtet Vanessa Panck. In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag hätten alle auf Matratzen und in Schlafsäcken in der Werner-Seelenbinder-Halle geschlafen, ein beabsichtigtes Unterfangen, das problemlos auch als teambildende Maßnahme interpretiert werden könne, wie denn Holger Panzner betont.
Es sei ja nun auch nicht so, dass die gesamte spielerische Last allein auf den Schultern von einzelner Spielerinnen liegen würde, sagt Steffi Lippold. Vanessa Panck pflichtet ihr bei, denn nicht nur die Aufbauspielerinnen würden ihren Beitrag leisten, sondern auch beispielsweise jene auf den Außenpositionen. Und dann verweist die Spielführerin noch auf einen ganz anderen Aspekt: „Es ist ja nicht nur wichtig, dass wir Tore machen. Wir brauchen auch hinten jemanden, der sie verhindert.“ Vanessa Panck blickt zur Torfrau Steffi Lippold. „Da haben wir nämlich sehr fähige Spielerinnen“, sagt Vanessa Panck. Neben Steffi Lippold hütet auch noch Jasmin Hacker das SV-Tor.
Zum heutigen Saisonauftakt müssen die Damen des SV Hermsdorf nach Nordhausen aufbrechen, wo der dortige SV ab 17 Uhr auf sie wartet. „Wir haben auf jeden Fall den Willen, dort zwei Punkte zu holen. Wir wollen uns als Team bestmöglich präsentieren“, sagt Vanessa Panck entschlossen, um dann noch einen Satz hinterherzuschieben: „Wir sind ja nicht beim Halma!“ Die 21-Jährige zitiert damit ihren Trainer. Es sei eigentlich sein Spruch. Alle drei – Panck, Lippold und Panzner – lachen herzlichst. Harmonie liegt in der Luft.
Mit Trainingslager „Wir-Gefühl“ beschworen
Ach ja, Holger Panzner, der bekennender Fan von Borussia Mönchengladbach ist, müsste ja um die Kraft samt der Unbefangenheit der Jugend wissen, schließlich gab es da einst eine sogenannte Fohlen-Elf unter Trainergott Hennes Weisweiler. Dazu gehörten Spieler der Kategorie Günter Netzer, Berti Vogts oder Herbert Wimmer. Das Durchschnittsalter lag da einst bei 21,5 Jahren. Und das müsste so in etwa auch für den SV Hermsdorf derzeit zutreffen. Die Fohlen aus Hermsdorf also.
(Quelle: OTZ/Marcus Schulze/09.09.2017)