Trotz hitziger Atmosphäre siegte der SV Hermsdorf beim SV BW 1893 Goldbach/Hochheim 32:26 (18:13)
Von Marcus Schulze
Goldbach. Pierre Liebelt hoffte nicht vergebens, schließlich gab es eine stimmungsvolle Heimfahrt von Goldbach gen Hermsdorf. Und mit einer solchen hatte er ja noch am Freitag – mit einem mächtigen Augenzwinkern – geliebäugelt. Und das aus gutem Grund, denn wenn die Stimmung bei einer Sportmannschaft, wobei das Couleur in diesem Fall wahrlich keine Rolle spielt, stimmig bis wahlweise ausgelassen ist, impliziert das – zumindest im Idealfall – das gut ein bis zwei Stunden zuvor die nunmehr feierwilligen Protagonisten den Platz als Sieger verlassen haben. Zugegeben, man kann die vermeintlich gute Laune auch auf Krampf und mit reichlich Frust beschwören, doch oftmals geht dieses Verhalten mit einer Niederlage einher – und das war für den SV Hermsdorf am Sonnabend nicht der Fall. Im Gegenteil, traten sie doch die Heimreise vom Auswärtstermin beim SV BW 1893 Goldbach/Hochheim mit zwei Punkten im Gepäck an. 32:26 (18:13) lautete dann auch der Spielstand in der Nessetalhalle nach 60 Minuten.
Ja, die Nessetalhalle, die kann bisweilen zu einem regelrechten Hexenkessel mutieren – und Pierre Liebelt kann dergleichen dann auch nur bestätigen. „Es herrschte eine äußerst hitzige Atmosphäre. Zum einen waren die Fans des Gastgebers dafür verantwortlich, zum anderen die gegnerischen Spieler“, resümiert der SV-Coach, der jedoch mit vernehmbarem Stolz auch darauf verweist, dass sein Team die Ruhe bewahrt hätte, ja, trotz des emotionalen Drumherums cool geblieben sei. „Was das betrifft, bin ich wirklich zufrieden mit meinen Jungs“, lobt der Trainer. Mitunter wurden seine Spieler mit einem Deckungsverhalten konfrontiert, welches an der Grenze der Regularien ausgeübt wurde, dazu gesellten sich laut Liebelt noch drei Tätlichkeiten, welche von den Unparteiischen nicht dingfest gemacht wurden.
Sebastian Hammer mit überragender Partie
Der Umstand, dass sich nach der Partie Sven Rothhämel, seines Zeichens Trainer des SV BW 1893 Goldbach/Hochheim, bei ihm für das eine oder andere Scharmützel seiner Schützlinge entschuldigt habe, hätte ihn in seiner Grundintention letztlich bestätigt, so der Trainer weiter. Nun ja, womöglich trägt der Gastgeber den Beinamen Hornissen nicht umsonst. Stechen und so. Doch am Ende habe sich sein Team von dem einen oder anderen Stich des Gegners nicht aus dem Konzept bringen lassen.
Abgesehen von jener Besonnenheit, die der SV Hermsdorf an den Tag legte, zeigte sich der Trainer auch von der Tatsache beseelt, dass es denn seinen Mannen gelang, auch in Unterzahl das Spiel mit Blick auf die Torausbeute zu dominieren. Einmal sei dergleichen sogar in doppelter Unterzahl – da überschnitten sich die durch und durch unfreiwilligen Pauseneinheiten von Maximilian Remde und Sebastian Hammer – geglückt. „Ich konnte eine extrem gute Bereitschaft zum Umkehrspiel gerade in diesen Phasen ausmachen. Am Ende hat jeder seinen Beitrag geleistet“, bilanziert Pierre Liebelt, der – wohlwissen, dass er eine ausgelutschte Sportphrase bedient – von der allseits beliebten „geschlossenen Mannschaftsleistung“ spricht. „Es war nun einmal so“, entschuldigt sich der Coach schon fast, der dann direkt in die Personalie einsteigt.
So habe Jan Heilwagen das für ihn typische Konterspiel dargeboten, dabei jedoch nicht seine Mitspieler im Augenwinkel vergessen und diese – wenn sie denn besser positioniert waren – bediente. Einer, der davon profitierte, war Sebastian Hammer, der mit seinen sieben Toren erfolgreichster Protagonist in Sachen Torwurf bei den Kreuzrittern war. „In der ersten Hälfte hat er überragend gespielt“, so das Urteil von Pierre Liebelt. Hinter Sebastian Hammer, mit jeweils sechs Treffern, durften sich Hannes Rudolph und eben Jan Heilwagen einreihen. Lobte der Trainer auf der einen Seite die Konstellation Hammer-Heilwagen, verwies auf der anderen auf das Zusammenspiel von Neuzugang Jan Minas, der drei Treffer erzielte und immer besser in das Spiel der Hermsdorfer finden würde, und Tom Friedrich im zweiten Akt der Partie.
Und wenn der Trainer nun schon einmal ein quasi Hurra auf alles anstimmt, darf diesbezüglich die Abwehr nicht vergessen werden, habe doch das seitliche Verschieben ebenfalls sehr gut funktioniert. „Wir konnten vier oder fünf Bälle abfangen und direkt in Konter verwandeln.“
Doch bei so viel Licht in Sachen Handball muss dann – geradezu naturgemäß – auch irgendwo ein Fleckchen Schatten anzutreffen sein. Was dann auch der Fall ist, bemängelt Pierre Liebelt doch, dass seine Akteure gegen die Goldbach-Protagonisten namens Daniel Fekete und David Tenkelbach hie und da im Verbund einen Tick zu spät entgegengekommen seien. „Aber es wäre ja dann auch zu einfach, wenn alles auf einmal klappen würde.“ Ansonsten habe man alles im Griff gehabt, als Beleg bediente der Coach noch einmal die Statistik, die dann am Ende besagt, dass denn Hornissen-Spielmacher Jens Moratschke kein einziges Tor erzielte.
Das Spiel selbst gestaltete sich bis zur 14. Spielminute auf Augenhöhe, doch dann, beim Stand von 8:7 für die Gäste, bauten die Herren Hammer, Remde und Heilwagen die Führung auf 14:7 aus. Halbzeitstand: 18:13. Nach dem Wiederanpfiff erhöhte der SV Hermsdorf seine Führung zeitweilig durch Tore von Remde, Rudolph, Hammer und Heilwagen auf neun Zähler (23:14/24:15). Endstand: 32:26.
Auf der Heimfahrt wurde fleißig gesungen
Auf der Heimfahrt wurde dann auch fleißig gesungen. Stimmung und so. Leider habe das Innenleben des Busses, der generell wohl schon das eine oder andere Jahr auf dem Buckel hatte, keinen CD-Player offenbart, wie denn Pierre Liebelt berichtete. Und so wurde kurzerhand aus der Not eine Tugend gemacht, was letztlich bedeutet, dass die durch und durch musischen Kreuzritter auf ihre eigenen Gesangskünste zurückgegriffen hätten.
Welche Spieler da am Ende die Mannschaft des SV Hermsdorf in einen sibirischen Männerchor verwandelten und mit trillernden Goldkehlchen vorangingen, wollte der Trainer nicht verraten. Und das ist auch gut so. Denn was im Bus des SV Hermsdorf passiert, soll auch dort bleiben.
SV Hermsdorf: Hammer (7), Heilwagen (6), Rudolph (6), Ehm (4), Remde (4), Minas (3), Reis (1), Vlad (1), Csikos, Friedrich, Krüger, Meißner, Zehmisch,
Otz/14.11.2017/Marcus Schulze
Und noch der Vorbericht vom 11.11.2017 aus der Otz/Marcus Schulze
Auswärtstermin bei der Tabula Rasa
Viel kann Pierre Liebelt nicht über den heutigen Gegner des SV Hermsdorf, SW BW 1893 Goldbach/Hochheim, sagen, warnt aber vor Heimstärke
Von Marcus Schulze
Goldbach. Jan Heilwagen würde meistens hinten sitzen. Gemeinsam mit Holger Posse. Ansonsten würden sich die jüngeren Spieler bevorzugt auf einem Haufen gesellen, wie denn Trainer Pierre Liebelt über das Sitzverhalten seiner Handballer zu den Auswärtsterminen im Bus zu berichten weiß. Er selbst würde meistens vorne sitzen. Ob das ein Platz ist, den sein Traineramt quasi impliziere, dazu äußerte sich Pierre Liebelt nicht.
Auf den Reisen gen Suhl, Sonneberg, Behringen oder eben auch Goldbach, dabei handelt es sich um eine Gemeinde im Landkreis Gotha, würde – zumindest während der Hinfahrten – das Radio laufen. Denn die Handballer des SV Hermsdorf lauschen natürlich auch über den sportlichen Tellerrand und verfolgen mitunter das Geschehen in der Bundesliga. Konferenz und so.
Wer es indes nicht so mit der kickenden Materie hat, soll es ja mitunter geben, würde mittels iPod in die eigene musikalische Welt eintauchen oder sich den sozialen Medien – Facebook, WhatsApp, Instagram oder Tinder – widmen. Und dann gebe es laut Pierre Liebelt ein noch mittlerweile nicht mehr ganz so allgegenwärtiges Verhalten in seinen Reihen: Der eine oder andere würde eine Zeitung oder gar ein Buch lesen. Analoge Medien stehen ja im digitalen Zeitalter hie und da ja bereits schon unter Artenschutz.
Auch heute kann es dann gut möglich sein, dass Jan Heilwagen während der Fahrt gen Westthüringen auf der letzten Bank herumlümmelt, während ein anderer sein Facebook-Profil bearbeitet, bis denn die Kreuzritter in der Nessetalhalle bei der SW BW 1893 Goldbach/Hochheim einrücken. Mit Bundesliga sieht es ja eher schlecht aus an diesem Wochenende, da ja bekanntlich Länderspielpause ist.
Mitunter wird auch Zeitung gelesen
Über das Team von Trainer Andreas Wagner kann Pierre Liebelt indes nur bedingt etwas Fundiertes berichten und interpretiert deshalb das Punktekonto des Gastgebers, welches einen durch und durch ausgeglichenen 6:6-Punktstand vorzuweisen hat. Dergleichen sei recht überraschend, schlussfolgert der SV-Coach, der dann auch umgehend auf die Heimstärke von Goldbach/Hochheim zu sprechen kommt. „In den heimischen Gefilden können die einen richtig ärgern“, weiß Pierre Liebelt zu berichten, der damit auch auf den HBV Jena 90 verweist, die sich in der vergangenen Saison beim vermeintlichen Underdog am Ende mit einem Remis begnügen mussten. Entsprechend lang waren da die Gesichter bei den Handballern von Ralph Börmel. Und auch andere Mannschaften hätten sich beim heutigen Gastgeber mitunter sehr schwer getan. „Ich möchte keine böse Überraschung erleben“, warnt Pierre Liebelt. Zentrale Spieler in den Reihen des Gastgebers kann der Trainer nicht benennen, auch über das generelle Spiel könne er nichts sagen. Diesbezüglich sei der heutige Gegner in gewisser Weise eine Tabula Rasa. Und weil dem nun einmal so ist, macht ein Pierre Liebelt das, was in solchen Fällen nun einmal vonnöten ist: Er beschwört die eigenen Tugenden seines Teams. „Uns muss es gelingen, dass wir Goldbach/Hochheim unser Spiel aufzwingen“, sagt der Trainer, wohlwissend, dass er an dieser Stelle zwei Euro ins Phrasenschwein stecken müsste. Im Training die Woche über habe man diversen Optionen im Angriff ausprobiert sowie an jener Baustelle in der Defensive gearbeitet, die der Trainer nach der unspektakulären Partie gegen Saalfeld/Könitz ausgemacht hatte: das räumliche Zusammenspiel der Abwehrspieler. Oftmals sei der Abstand zwischen zwei Akteuren schlichtweg zu groß gewesen, das Nachrücken zwischen den beiden Parteien habe bisweilen nur bedingt funktioniert, wie denn Pierre Liebelt kritisch festhält. Detailarbeit also.
Petr Nedved in Goldbach nicht mit dabei
Außerdem, auch darauf verweist der Übungsleiter, sei die Trainingsbeteiligung in dieser Woche aufgrund von Krankheit und beruflichen Verpflichtungen recht überschaubar gewesen, fehlten unter anderem doch Vladut-Razvan Vlad, Matthias Krüger, Gabor Csikos, Jan Heilwagen und Marvin Schreck, der immer noch die Sonne in Australien genießt. Man habe in kleinen Gruppen gearbeitet. Beim Auswärtstermin heute werden indes Petr Nedved und Stefan Riedel nicht mit von der Partie sein, was Vladut-Razvan Vlad betrifft, er war krank, ging Pierre Liebelt am Freitag davon aus, dass er heute spielen könne.
Ach ja, der SV-Trainer äußerte sich natürlich nicht nur bezüglich der Hinfahrt zu einem Auswärtsspiel, sondern natürlich auch zur Rückfahrt. Da würde die Stimmung – geradezu naturgemäß – mit dem Ausgang des Spiels korrespondieren. Bei einer Niederlage würde sich die gute Laune nun einmal in Grenzen halten, berichtet Pierre Liebelt, der in einem solchen Fall die Zeit während Heimreise für die erste Analyse nutzen würde. Anders gestalte sich das Ganze nach einem Sieg. Wie sollte es auch anders sein. Dann sei in der Regel Martin Ehm der erste SV-Protagonist, der sich dem Liedgut widmen würde. Welche Ergüsse dann so über die Ehmschen Lippen kommen könnten, darauf kann man sich einen geradezu stimmigen Reim machen, wenn man denn weiß, dass der gute Ehminator ein paar Jahre das Amt des Kirmesvorsitzenden in Großschwabhausen – ein Landstrich zwischen Jena und Weimar – innehatte. Stichwort: Frau Meier hat gelbe Unterhosen.
„Wir hoffen auf eine stimmungsvolle Heimfahrt“, sind dann auch die letzten Worte von Pierre Liebelt am Telefon.