Handball, Thüringenliga: In einer von Leidenschaft geprägten Partie siegt der SV Hermsdorf verdient mit 27:24 (12:10) über die HSG Suhl
Von Marcus Schulze
Hermsdorf. Steffen Reis und Andreas Fromm schoben Dienst am Rost. Dergleichen machen die Handball-Haudegen ja immer, wenn denn ihr SV Hermsdorf ein Heimspiel hat. So auch am Sonnabend, als die Kreuzritter die HSG Suhl wieder in den Thüringer Wald schickte, sie mit 27:24 besiegte. Der Nachteil des gemütlichen Bratwurstdienstes vor der Werner-Seelenbinder-Halle besteht jedoch darin, dass Reis und Fromm beim eigentlichen Spiel nicht zugegen sein können. Also lassen sie sich das Geschehen da im Inneren der Halle in der Halbzeitpause von jemanden schildern, der im Bilde ist.
Der Berichterstatter, ebenfalls eine Handball-Haudegen, jedoch einer, der hinter dem Tresen Dienst schiebt, schwärmt u.a. von der Entwicklung von Jan Minas, den ersten Treffern von Mike Anlauf und der überragenden Leistung von Robert Zehmisch zwischen den Pfosten während der ersten 30 Minuten. 12:10 lautete da der Spielstand. Bis zur 20. Minute (7:7) war es eine Partie auf Augenhöhe, danach konnten sich die Mannen von Pierre Liebelt etwas absetzten, doch mehr als drei Tore waren nicht drin (11:8/27. bzw. 12:9/28.).
„Also wenn sie ihre Chancen nutzen, etwas besser in der Deckung arbeiten und Robert weiterhin so hält, gewinnen wir“, so die Prophezeiung des altgedienten Handball-Orakels, während Steffen Reis den Rost mit frischen Würsten aufmunitioniert. Die gerade erfahrene Neuigkeit vom Parkett quittiert er indes mit einem onkelhaften: „Soso, der Robert.“
Robert, das war der Name, der wohl am häufigsten an diesem Abend in und auch vor der Werner-Seelenbinder-Halle zu vernehmen war. Bevorzugt aus dem Munde von Hallensprecher Holger Posse, bei dem der Robert stets zum „Rooobert“ mutierte. Ähnlichkeiten mit einem RTL II-Protagonisten sind reiner Zufall. Nein, hier ist die Rede von jenem Torhüter, der in der ersten Halbzeit sechs, sieben, vielleicht sogar acht Chancen des Gegners – oftmals spektakulär- vereitelte. Er hielt nicht alles, dergleichen geht auch nicht, aber er hielt doch an diesem 2. Spieltag der Thüringenliga überdurchschnittlich viel. Nicht wenige Zuschauer fragten sich, ob das erfolgreiche Agieren da im Kasten dem Umstand geschuldet sein, dass Robert Zehmisch ein paar Tage zuvor zum zweiten Mal Vater wurde. Er präsentierte Reflexe und eine beeindruckenden Geschmeidigkeit, die man ihm auf den ersten Blick so garnicht zutrauen würde. Obwohl, wer ihn bei seiner Erwärmung beobachten konnte, wurde auch Zeuge jener kleinen schnellen Schritte, die er da kredenzte, welche die allgemeine Beweglichkeit auf den Beinen ankurbeln sollen. Hatte etwas von Michael Jackson, der versucht wie ein MC Hammer oder Prince zu tanzen.
Michael Jackson macht auf MC Hammer
Der Vollständigkeit halber soll jedoch auch erwähnt werden, dass das Torhüter-Tagwerk später dann von Petr Nedved fortgesetzt wurde, der zwei ganz wichtige Bälle, darunter einen Sieben-Meter beim Stand von 25:22 (54.), hielt. Der Hüftschwung, den er dann stets nach erfolgreichen Paraden präsentiert, ist dann auch ein einziges Wunderwerk.
Den womöglich wichtigsten Treffer des Tages erzielte Maximilian Remde, als er denn zum 26:22 (57.) traf. Die Weimarer Urgewalt war es dann auch, die einen Pass der Suhler in jener heißen Phase abfing – aber nicht einfach so. Vielmehr erinnerte das Manöver an einen Interception beim Football. Remde machte sich ganz lang. Die SV-Anhänger waren verzückt, dergleichen sieht man im Handball wahrlich nicht jeden Tag.
Für Verzückung sorgte auch Felix Reis im zweiten Akt, der in seiner hochathletischen Form Tore am Fließband warf. In dieser Phase fanden die Gäste (keine) Mittel, um den Rückraum-Wirbelwind irgendwie zu stoppen. Ihm gebührt dann auch der finale Treffer für die Kreuzritter zum 27:23 (58.). „Es lief dann einfach. Das war ganz wichtig für mein Selbstvertrauen, nachdem es am Anfang nicht so gut lief“, resümierte Felix Reis, der nach dem Spiel noch genug Kraft besaß, um mit den Kindern in der Halle zu spielen. Nichtdestotrotz, auch in der ersten Halbzeit erzielte er drei Tore. Die Auszeit in der 48. Minute sei vom Trainer zum richtigen Zeitpunkt genommen worden, sagte Reis. Auch der eingewechselte Martin Ehm hatte eine Aktie am späten Erfolg, erzielte in dem prekärem Abschnitt wichtige Tore. Und ein Stefan Riedel wurde vom Trainer gen Ende noch ins Geschehen geworfen – und der Co-Trainer gab bei seinem kurzen Gastauftritt dann auch den humorlosen Türsteher. Apropos Gastauftritt. Zugang Jannick Möller verweilte nur ein paar Sekunden auf dem Feld, um sich dann umgehend eine Zeitstrafe einzufangen. Rekordverdächtig.
Zweimal konnten die Gäste ausgleichen (17:17/42. Bzw. 18:18/45.), lagen bis zur 51. Minute nur ein Tor (21:22) zurück, doch Felix Reis und Martin Ehm bescherten den Hausherren jenes Polster von drei Toren (25:22/54.), das letztendlich die Grundlage für den späteren Sieg war. „In der ersten Halbzeit waren wir einfach viel zu nervös. Ich habe dann meinen Spielern gesagt, dass wir genauso weiter spielen könne, nur etwas souveräner, etwas gelassener“, sagte Pierre Liebelt, der sich von dem Dargebotenen seiner jungen Protagonisten in der Verteidigung (Reis/Remde/Minas), aber auch von den alten (Anlauf/Riedel) beeindruckt zeigte. Die zentralen Spieler der Gäste wie Michael Frank oder Richard Vagner habe man unter Kontrolle gehabt. „Ich bin sehr zufrieden“, so das Resümee von Pierre Liebelt, der am Ende nur einen Kritikpunkt hatte: zu wenig Torchancen über die Außenseite. Jan Heilwagen, Hannes Rudolph und Sebastian Hammer fanden nicht wirklich ins Spiel der Kreuzritter.
Als die Partie schließlich Geschichte war und die Kreuzritter so langsam zum gemütlichen Teil des 2. Spieltages übergingen, fragte Physiotherapeut Götz Bader – in recht großer Runde- Robert Zehmisch:“ Robert, kannst Du nicht jede Woche Vater werden?“
SV Hermsdorf: Rudolph 1, Stuhlert, Reis 8, Schreier 2, Riedel, Neved, Hammer, Heilwagen, Ehm 4, Zehmisch, Anlauf 5, Möller, Remde 5, Minas 2
Otz/Marcus Schulze/18.09.2018
Robert Zehmisch: „Ich weiß nicht, ob ich das leisten kann“
Glückwunsch Herr Zehmisch, Sie sind zum zweiten Mal Vater geworden. Wann war es denn so weit?
Am Dienstag. Es ist ein Mädchen. Sie heißt Lena.
Ihre zweite Tochter?
(lacht) Richtig, Torhüter in Hermsdorf können doch nur Mädchen machen.
Hat Sie das Vaterglück heute irgendwie beflügelt?
Kann ich nicht genau sagen. Vielleicht hat es dazu beigetragen, doch den Großteil haben wir uns im Vorfeld hart erarbeitet.
Eine gute Woche war das für Sie. Vater geworden, siegreich gespielt. Da war doch noch etwas?
Borussia Mönchengladbach hat gegen Schalke gewonnen. Herrlich.
Götz Bader war von Ihrer Leistung sehr angetan. Er fragte, ob Sie nicht jede Woche Vater werden könnten?
(lacht) Ich weiß nicht, ob ich das leisten kann.
OTZ / 18.09.18/mase