Maximilian Remde ist der neue Kapitän beim SV Hermsdorf. Heute wird er als solcher erstmals in dieser Saison in das Geschehen eingreifen
Hermsdorf/Weimar. Heute nun wird Maximilian Remde (26) seine erste Partie in der Saison 2019/20 für den SV Hermsdorf absolvieren. Der frischgebackene Anführer der Kreuzritter spricht im Interview über die vergangenen beiden Spielzeiten in der Thüringenliga, seinen Kumpel Sebastian Hammer, die Ziele für diese Saison und sinniert auch über das bescheidene Abschneiden der FC Carl Zeiss Jena, schließlich ist er bekennender Fan.
Glückwunsch! Sie haben künftig das Amt des Kapitäns bei den Kreuzrittern inne. Wie fühlt sich das an?
Auf jeden Fall ist das eine riesige Ehre für mich. Doch wenn ich ehrlich bin, habe ich damit nicht gerechnet, schließlich gibt es Spieler beim SV Hermsdorf, die schon länger mit an Bord sind und einen sehr positiven Einfluss auf das Team haben.
Sie haben Robert Zehmisch beerbt. Redet der jetzt noch mit Ihnen?
(lacht) Na klar, er hat ja seine Sache in den vergangenen Jahren auch super gemacht. Die Entscheidung hat ja letztlich auch Mario (Kühne, Anmerkung der Redaktion) getroffen. Ich denke, dass er einfach der Überzeugung war, dass ein Torhüter als Kapitän nicht so sehr Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen kann wie eben ein Feldspieler. In der vergangenen Saison hatten wir da beispielsweise noch Stefan (Riedel, Anmerkung der Redaktion), auf den auch alle gehört haben, wenn er denn auf dem Platz stand.
Als Kapitän trägt man die Verantwortung, geht als letzter vom sinkenden Schiff. Raubt Ihnen die damit einhergehende Verantwortung mitunter auch den Schlaf?
Verantwortung ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Amtes, gehört schlichtweg dazu, aber mir ist ja diese Position nicht fremd, schließlich habe ich ja auch schon einmal in Weimar die Kapitänsbinde getragen. Von daher denke ich, dass ich dem Amt gewachsen bin. Den Schlaf raubt es mir nicht, vielmehr war ich sehr glücklich, als ich von der quasi Beförderung erfuhr.
Das ist jetzt Ihre vierte Saison beim SV Hermsdorf. Haben Sie in dieser Zeit eine Entwicklung bei sich ausmachen können?
Sagen wir es einmal so: Ich habe einen anderen Weg in meiner Entwicklung eingeschlagen, als ich das bei meinem Wechsel damals vor vier Spielzeiten erwartet habe. In Weimar habe ich noch sehr viele Tore erzielt, prägte maßgeblich die Offensive. Jetzt agiere ich weit mehr in der Defensive, wodurch mein ganz persönlicher Schwerpunkt auf ganz andere Aspekte des Spiels gelenkt wird – doch dergleichen stört mich nicht. Ob ich nun Tore werfe oder eher einen Ball blocke, spielt für mich keine Rolle, entscheidend ist dabei nur, dass es dem Team hilft.
Tja, manchmal läuft es im Sport wie im Leben: Man kommt ganz woanders an. Welcher Moment bei den Kreuzrittern ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Mein erstes Spiel. Wir trafen damals zum Saisonauftakt 2016/17 auf Glauchau – und ich wusste zu jenem Zeitpunkt noch nicht, wo ich stehe, immerhin wechselte ich nach einer Saison in der Thüringenliga mit Weimar in die Mitteldeutsche Oberliga. Letztlich war es ein gelungenes Debüt für mich, konnte ich doch neun Tore erzielen.
Gelang Ihnen noch einmal eine solche Torausbeute bei einer Partie?
(lacht). Nein, in diese Sphären bin ich nicht noch einmal vorgestoßen. Doch es war damals ein absolutes Erlebnis, mit dem ich im Vorfeld nicht gerechnet hatte. Am Ende ist jedes Spiel mit der Mannschaft für mich ein Erlebnis – gleich ob Sieg oder Niederlage. Wenn wir siegen, wird gefeiert. Bei den Reisen während der Auswärtstermine ist immer Stimmung im Bus und wenn wir verlieren, dann eben auch alle zusammen als Team.
Klingt sehr familiär.
So empfinde ich das auch. Es ist eine kleine Familie. Obwohl, eigentlich ist eine große Familie – und zwar eine italienische, voller Cousins und Cousinen. Aber Spaß beiseite, denn ich verbringe sehr viel Zeit in Hermsdorf, dreimal die Woche und dann eben noch das Wochenende, da wächst man automatisch zusammen.
Wie sind Sie eigentlich zum Handball gekommen?
Bis zu meinem zwölften Lebensjahr habe ich viel Zeit im Wasser verbracht, denn ich war Schwimmer. Ich war auch recht erfolgreich, habe an deutschen Meisterschaften sogar teilgenommen, doch dann kam ich ans Gymnasium und hatte einen Sportlehrer namens Walter Eichhorn, der eine Handball-Legende in Weimar ist und im Unterricht seine Leidenschaft vermittelte. Er erkannte mein Potential, lotste mich zum HSV Weimar.
Sie waren wohl beizeiten Feuer und Flamme?
Kann man so sagen. Mir hat es auf jeden Fall Spaß gemacht. Entscheidend war jedoch auch, dass Handball ein Mannschaftssport ist, ich zum ersten Mal in einem Team agieren konnte. Zuvor war ich ja eher ein Einzelkämpfer im Schwimmbecken. Plötzlich Bestandteil eines Ganzes zu sein, hat mir sehr gut gefallen, sogar fasziniert. Anfangs stand ich jedoch im Tor, was mir nur bedingt lag. Der Übungsleiter der damaligen D-Jugend hatte zum Glück erkannt, dass ich an anderer Stelle besser aufgehoben war.
Kommen wir an dieser Stelle mal zu einer anderen Mannschaftssportart: Fußball. Dem können Sie ja auch etwas abgewinnen.
Ich war tatsächlich einmal bei einem Fußball-Probetraining, doch ich denke, dass ich mit dem Handball die bessere Entscheidung für mich getroffen habe. Ich denke auch, dass ich nicht der schlechteste Fußballer bin, doch mir reicht es, wenn ich in meiner Freizeit spiele.
Sie sind ja bekennender Fan vom FC Carl Zeiss Jena. Wann waren Sie das letzte Mal im Stadion?
Das ist schon eine Weile her. Ich habe das etwas heruntergefahren, da ich neben meiner Tätigkeit bei den Stadtwerken in Weimar nun auch noch meinen Betriebswirt mache. Da bleibt nicht mehr so viel Zeit für Besuche im Stadion. Da muss die Zusammenfassung halt auch mal reichen.
Blutet derzeit nicht Ihre Fan-Seele?
Die blutet durchaus. Ich hatte der Mannschaft im Vorfeld schlichtweg mehr zugetraut. Doch so wie die Spiele verliefen, muss ich auch sagen, dass die Niederlagen am Ende berechtigt waren.
Glauben Sie daran, dass der FCC die Liga hält?
(lacht)Ich wäre ein schlechter Fan, wenn ich das nicht täte.
Woher rührt diese Begeisterung für den FCC?
Die reicht bis in die Schulzeit zurück, Freunde waren Fans, außerdem ist Weimar Blau-Gelb-Weiß. Obwohl, auf meinen Bruder trifft das nicht zu, der ist Fan von Rot-Weiß Erfurt.
Wenn Sie an dieser Stelle schon auf Ihren Bruder verweisen, sei die Frage erlaubt, ob das Thema Handball auch privat eine Rolle spielt? Immerhin ist Vanessa Panck Ihre Freundin, mit der Sie gemeinsam in Weimar leben und die einst Spielführerin bei den Damen des SV Hermsdorf war und jetzt in Weimar spielt.
Es hält sich in Grenzen. Der eine fragt den anderen, wie es denn so war, gleich ob Training oder Spiel, aber das war es dann auch schon. Aber natürlich unterstützen wir einander, der eine geht stets zur Partie des anderen, fiebert auf der Tribüne mit, doch eben nur, wenn es zeitlich passt.
Sie sind der eine Teil der „Weimar-Connection“ beim SV Hermsdorf, der andere ist Sebastian Hammer, mit dem Sie einst beim HSV Weimar spielten. Kann man sagen, dass sie Freunde sind?
Auf jeden Fall. Wir hängen auch viel in der Freizeit miteinander ab. Von sieben Tagen in der Woche sehe ich Basti (Sebastian Hammer, Anmerkung der Redaktion) an fünf Tagen. Wir haben uns über den Handball kennengelernt. Er hat, obwohl er ja drei Jahre jünger ist als ich, schon immer bei den Älteren gespielt, weil er einfach so gut war – und natürlich ist.
Es muss sehr angenehm für Sie gewesen sein, als er zum SV Hermsdorf stieß.
Das war es, zumal ich nicht mehr alleine von Weimar gen Hermsdorf fahren musste. In spielerischer Hinsicht ist er sowieso eine Bereicherung, eine echte Alternative zu Hannes (Rudolph, Anmerkung der Redaktion), da er ein völlig anderer Typus von Spieler ist.
Ist er auch Fußball-Fan?
Ist er, aber völlig anders als ich. Basti interessiert sich mehr für die große Bühne, die großen Namen. Er schwärmt für Barcelona und dergleichen.
Kommen wir mal wieder zum Handball zurück. Wie lautet das Ziel für dieses Saison, zumal es ja mit Martin Vulic und Oleksandr Petrov nicht an Verstärkung mangelt?
Mit dem Kader, den wir jetzt haben, sollten wir oben mitmischen – bevorzugt ganz oben. Mario (Kühne, Anmerkung der Redaktion) hat uns versprochen, sich um Verstärkung zu kümmern – und das hat er. Kurzum: Wir stehen jetzt ganz einfach in der Pflicht. Wir spielen nun seit zwei Jahren in der Thüringenliga und haben noch nichts gerissen, das muss man einfach so knallhart sagen. Es ist jetzt wahrlich einmal an der Zeit.
Waren die beiden vergangenen Spielzeiten in der Liga wirklich so enttäuschend?
In puncto Endabrechnung auf jeden Fall. Alles in allem gab es zu viele Spiele, die wir nicht hätten verlieren dürfen.
Letzte Frage: Was ist das für ein Gefühl, in dieser Halle in Hermsdorf zu spielen?
Ich habe immer noch Gänsehaut, wenn wir kurz vor der Partie einlaufen. In diesen Momenten spürt man stets, welchen Stellenwert der Handball in Hermsdorf besitzt. Allein die Zuschauer, davon konnte man in Weimar nur träumen. Es ist einfach immer wieder überwältigend, gerade nach siegreichen Partien.
SV Hermsdorf – SG Suhl/Goldlauter, Sonnabend, 19.30 Uhr, Hermsdorf Werner-Seelenbinder-Halle
Marcus Schulze/Otz/21.09.2019