Mrz 12, 7 Jahren ago

An der Klagemauer

Hermsdorf. Manchmal mutiert eine Hallenwand zur Klagemauer – zumindest bei Andreas Schöppe war dies der Fall.

Von Marcus Schulze

Am vergangenen Sonntag, als denn absehbar war, dass der SV Hermsdorf gegen die Gäste aus Mühlhausen verlieren wird, lehnte das Haupt des Trainers samt Arm an einer Wand in der Werner-Seelenbinder-Halle in Hermsdorf. Auch sein Blick – wobei nicht bekannt ist, ob er denn die Augen offen oder geschlossen hatte – war auf besagte Wand gerichtet. Er hatte sich regelrecht vom Geschehen abgewandt. Ja, die Pose, die implizierte, dass er das Dargebotene kaum noch ertragen konnte, besaß schon fast eine religiöse Dimension. So oder so, der Frust saß tief beim SV-Coach nach dem Abpfiff. Endstand: 20:22.

Pose besaß schon fast eine religiöse Dimension

„Das Problem ist, dass wir einen Großteil der Chancen, die wir uns erarbeitet haben, nicht genutzt haben“, hält Andreas Schöppe kritisch fest und verweist auf die Ausbeute in Sachen Sieben-Meter während der ersten 30 Minuten der Partie in der Thüringenliga. Allein die ersten drei Freiwürfe landeten überall an des Gegners Gehäuse – nur nicht im Netz. Generell habe es in seinen Reihen nicht an Pfosten- und Lattentreffern gemangelt. „Irgendwann rächt sich das im Spiel und letztlich ist das auch der Grund, warum es uns nicht gelang, die Partie nach Hause zu bringen“, so der SV-Trainer weiter. Dieses Spiel habe der SV Hermsdorf nicht in der Abwehr verloren, im Gegenteil, lobte Andreas Schöppe doch die Leistung von Jasmin Hacker in der Verteidigung, sondern im Angriff.

Dabei sah es nach den ersten fünf Minuten der Begegnung recht vielversprechend für die Gastgeberinnen aus, führte doch der SV Hermsdorf dank Treffer von Jessica Winkler und Laura Schulz 3:0. Zu Handball-Salzsäulen verwandelten sich die Spielerinnen von Stephan Vogt deswegen jedoch noch lange nicht und konnten nach zehn Minuten – wenn auch nur kurzzeitig – dank eines Treffers von Anika Götze sogar die Führung (4:3) übernehmen.

In den folgenden 20 Minuten wechselten sich die Hausherrinen mit den Handballerinnen aus dem Unstrut-Hainich-Kreis bezüglich der Führung ab – ohne, dass sich eines der beiden Teams dabei absetzen konnte. Halbzeitstand: 8:9.

Nach dem Wideranpfiff übernahmen die Gäste erst einmal das Kommando, führten nach 36 Minuten 13:9. Doch die Handball-Damen aus dem Saale-Holzland-Kreis bewiesen Moral – und trafen in jener Phase auch das Tor. Vanessa Panck, die in der ersten Hälfte in schöner Regelmäßigkeit an der gegnerischen Schlussfrau scheiterte, demonstrierte nun, dass sie noch wusste, wie man Tore wirft. Und auch in Sachen Sieben-Meter lief es nun besser: Spielführerin Jessica Winkler – zweimal – und einmal Laura Schulz, die generell nach jedem Treffer die Siegesfaust präsentierte und bis zum Schluss alles gab, sorgten mit ihren Treffern vom Punkt dafür, dass ihr Team in Schlagdistanz blieb. Letztlich egalisierte Vanessa Panck zum 14:14 in der 45. Spielminute und sorgte anschließend sogar für die Führung. Mühlhausen antwortete jedoch umgehend, doch Laura Schulz – die mit der Faust – konnte gleich zweimal den Ball im Netz zappeln lassen – 17:15. Mühlhausen verkürzte daraufhin, doch Laura Schulz behielt anschließend am Sieben-Meter-Punkt die Nerven: 18:16 – doch es blieb spannend, denn die Spielerinnen von Trainer Stephan Vogt lauerten auf den Ausgleich, der ihnen in der 56. Spielminute schlussendlich gelang. 19:19, doch damit nicht genug, gingen sie durch Anika Götze auf einmal in Führung und bauten diese dank eines verwandelten Sieben-Meters von Josefine Wiegand gut zwei Minuten vor Abpfiff der Partie auch noch aus.

Als schließlich Mühlhausens Joellie Hartmann zum 22:19 34 Sekunden vor Spielende verwandelte, war die Niederlage des SV Hermsdorf endgültig besiegelt. Der letzte Treffer gebührte zwar Laura Schulz, doch er gehörte in die Kategorie „Ergebnis-Kosmetik“ und kam zudem ganz ohne Siegesfaust daher. Ein Treffer für die Statistik.

Ein Treffer für die Statistik

Andreas Schöppe hat den „Kosmetik-Treffer“ sowieso nicht mehr gesehen, blickte er doch in jenen Momenten auf die Wand in der Werner-Seelenbinder-Halle. Leidend, nach innengerichtet. Eben an der Klagemauer lehnend.

Otz/Marcus Schulze/11.03.2017

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