Dez 5, 7 Jahren ago

Eine Entscheidung des Herzens

Pierre Liebelt übernimmt erste Mannschaft der Handballer des SV Hermsdorf – Steffen Schreiber könnte ihm assistierten

Von Jens Henning

Hermsdorf. Dass ein Personalwechsel anstehen würde bei den Handballern des SV Hermsdorf, das pfiffen die Spatzen längst von den Dächern. Die sportliche Bilanz von zehn Niederlagen in Folge war einfach zu erdrückend. Die Fragen der Fans und auch der Sponsoren an den Vorstand des SV Hermsdorf wurden nicht weniger. Am Mittwoch gab es die Reaktion. Pierre Liebelt (32), ehemaliger Torwart beim SV Hermsdorf, wird neuer Cheftrainer der ersten Männermannschaft – zunächst bis zum Saisonende, aber mit der Option für die nächste Saison.

Wie es mit dem bisherigen Trainer Steffen Schreiber weitergeht, der die Mannschaft erst im Sommer übernommen hatte, war am Mittwochabend, als Liebelt der Mannschaft in der Kabine vorgestellt wurde, völlig offen. Schreiber saß mit in der Kabine. „Er hat weder Ja noch Nein gesagt, ob er als Co-Trainer weiter zur Verfügung steht. Wir wollen mit ihm noch einmal sprechen“, sagte Abteilungsleiter Hans-Jürgen Vogel etwas schwammig und verklausuliert. Er, Steffen Reis, Geschäftsführer der Handballer Marketing Hermsdorf GmbH und Ralf Johnke, stellvertretender Abteilungsleiter, verkündeten die Personalentscheidung. Laut Vogel erzeugte der Trainerwechsel bei den anwesenden Spielern sehr unterschiedliche Reaktion. „Ich sage mal, sie reichte von … bis …“, ohne die Worte auszusprechen. Nach dem Staßfurt-Spiel hatten die Verantwortlichen um Steffen Reis die Fühler ausgestreckt nach einem Wechsel in der Führung der Mannschaft. „Ich habe zuerst mit Mario Kühne gesprochen. Wir hatten ja alle Differenzen, die es im April, Mai gab, ausgeräumt. Er hat mir leider gesagt, dass er nicht zur Verfügung steht. Aber er hat mir seine Hilfe angeboten und er hat mir den Kontakt zu Pierre Liebelt hergestellt“, sagte Reis. Dann gab es ein Gespräch zwischen Reis und Liebelt. Bis zur Vorstellung am Mittwoch lagen noch die beiden Partien der Hermsdorfer in Aschersleben und gegen Radis, die wurden auch verloren.

Liebelt würde sich freuen, wenn Schreiber künftig als Co-Trainer weitermachen würde. „Ich würde das sehr begrüßen. Ich würde mich freuen“, sagte Liebelt. Beide Sportfreunde, Liebelt und Schreiber, eint eine Freundschaft, denn beide Sportfreunde arbeiteten in den vergangenen zehn Jahren einige Male zusammen. Vor zehn Jahren, in der Saison 2005/06, als Hermsdorf die sportliche Relegation zur Regionalliga Südwest nach zwei Spielen gegen den TV Vallendar verlor, war Schreiber Trainer in Hermsdorf und Liebelt einer von drei Torhütern der ersten Mannschaft. Nach der Saison trennten sich die Wege. Schreiber wechselte als Trainer nach Bad Blankenburg. Liebelt blieb bis 20010 in Hermsdorf. Im Februar 2010 lieferten Liebelt und Schreiber die Schlagzeilen in der damaligen Oberliga Thüringen. In der Meisterschaftsphase, Hermsdorf und Ronneburg spielten um den Titel, wechselte Liebelt im Februar für viele überraschend nach Ronneburg, die damals von Schreiber trainiert wurden. Die Hermsdorfer standen damals ohne Torhüter da. Routinier Thomas Punga, Ex-Ronneburger, wurde über Nacht reaktiviert und bis zum Saisonende nach Hermsdorf geholt.

Jetzt, dreieinhalb Jahre später, kreuzten sich wieder die Wege von Liebelt und Schreiber. Ob die erhoffte Zusammenarbeit zustande kommt, ist fraglich. SVH-Kapitän Robert Zehmisch sagte nach der Vorstellung des neuen Trainers, dass „er die Momente mit einem lachenden und einen weinenden Auge erlebt hat. Das lachende Auge ist, dass ich Pierre die Aufgabe zutraue. Und das weinende, dass unser bisheriger Trainer nicht mehr da ist.“ Laut Zehmisch, der schon am Dienstag vom Trainerwechsel erfuhr, hörte sich das nicht noch einem künftigen Duo Liebelt/Schreiber an.

Liebelts Zusage sei vor allem eine Entscheidung des Herzens gewesen. „Ich wollte dem Verein, der Mannschaft helfen“, sagte Liebelt Diese Worte klangen nicht nur überzeugend. Sie hörten sich auch sehr ehrlich an. Vor drei Jahren, als in Handball-Hermsdorf plötzlich beide Torhüter Petr Nedved und Robert Zehmisch vor dem Saisonbeginn verletzt ausfielen, sprang Liebelt als Torhüter ein. „Vergleichen kann man diese beiden Moment nicht. Damals war absehbar, dass ich nur für eine bestimmte Zeit zur Verfügung stehen werde. Die jetzige Situation ist schon eine andere.“

Von der Ausbildung erfüllt Liebelt alle Anforderungen, eine Mannschaft in der vierthöchsten Spielklasse zu trainieren. Er ist Inhaber der B-Lizenz, der zweithöchsten Lizenz in Handball-Deutschland. Er verfügt durch seine Zeit als aktiver Spieler über viel Erfahrung. Vor seinem Wechsel 2005 nach Hermsdorf gehörte er zum Kader der SG Werratal 92, die damals in der 2. Bundesliga spielte und Platz 14 erreichte. In der Folgesaison bekam die SG Werratal keine Lizenz für die zweithöchste Spielklasse. Es folgte die Insolvenz. Im Herbst 2005 wurde der Verein aufgelöst.

Als Männer-Trainer hat Liebelt bisher noch nicht gearbeitet. Hermsdorf ist seine erste Station. Im Nachwuchs arbeitete er als Trainer einer Landesauswahl. Das war bisher sein erstes Station als Trainer.

Wohin es sportlich mit den Hermsdorfern in den restlichen Spielen der Oberliga-Saison geht, ob sich die Hermsdorfer vielleicht schon auf die Rückkehr in die Thüringenliga vorbereiten, dazu wollte sich Liebelt am Mittwochabend noch nicht äußern. „Natürlich kennt jeder den Tabellenstand. Ich möchte aber erst einmal die nächsten vier, fünf Spiele abwarten. Da geht es ja noch gegen direkte Kontrahenten. Danach kann man sich mehr sagen.“

Ob Liebelt bis zum Saisonende überhaupt immer zur Verfügung steht, ist vakant. Im Februar 2017 endet sein Referendariat an einem Gymnasium in Schleiz. Ab März will er als Sportlehrer arbeiten. Wo, ist offen. Bis Januar läuft die Frist für Bewerbungen. Liebelt hat sich an mehreren Schulen in Thüringen und im angrenzenden Bereichen beworben. „Es wäre natürlich schön, wenn ich in Hermsdorf arbeiten könnte. Ich weiß, dass auch am Holzlandgymnasium Lehrer gesucht werden. Das entscheidet aber letztlich das Schulamt.“

Privat hat sich Liebelt in Zöllnitz niedergelassen mit seiner Freundin, die aus Hermsdorf stammt, und zwei gemeinsamen Kindern.

Gestern Abend leitete Liebelt das erste Training.

Otz/02.12.2016/Jens Henning

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