Zum Trainingsauftakt nach der Weihnachtspause begrüßte das Team von Pierre Liebelt den HBV Jena 90 aus der Thüringenliga – ein Wiedersehen unter Handballern
Von Marcus Schulze
Hermsdorf. Der eine Trainer steht, will nicht sitzen, vielmehr läuft er engagiert – und mitunter lautstark – an der Seitenlinie entlang. Er verfolgt das Geschehen, natürlich, kommentiert, lobt oder kritisiert das Spiel seiner Mannschaft. Voilà: Pierre Liebelt, Trainer des SV Hermsdorf, seit zwei Spieltagen im Amt, ein Sieg und eine Niederlage, er und seine Spieler kämpfen gegen den Abstieg aus der Mitteldeutschen Oberliga. Das Team aus dem Saale-Holzland-Kreis ist derzeit das Tabellenschlusslicht, hat lediglich drei schmale Punkte im Haben.
Sein Trainer-Pendant, ein paar Meter weiter rechts von ihm, sitzt indes geradezu tiefenentspannt zwischen seinen Mannen. Die Arme verschränkt samt Beine nach vorn beobachtet er eher nach innen gerichtet das Geschehen. Doch er kann auch anders, doch da muss schon einem seiner Spieler ein verdammt grober Schnitzer passieren, bis er sich denn zu Wort meldet. Dann aber richtig, doch die Aktionen der Marke Lautsprecher halten sich bei Ralph Börmel, seines Zeichens Coach der 1. Männermannschaft des HBV Jena 90, an diesem Dienstagabend in der Werner-Seelenbinder-Halle in Grenzen. Die Saalestädter, die derzeit Platz 3 in der Thüringenliga innehaben und mit dem Aufstieg liebäugeln, gastieren anlässlich des Trainingsauftaktes des Teams von Pierre Liebelt in deren sportlichen Gefilden.
Es ist ein Prozedere, das sich in gewisser Weise zu einer kleinen Tradition entwickelt hat, schließlich ist es nicht das erste Mal, dass beide Teams zusammen trainieren – im Gegenteil. Bereits vor dem Saisonstart im vergangenen Jahr reisten die Hermsdorfer, damals noch unter Trainer Steffen Schreiber, an die Saale für ein Testspiel.
„Ich wusste, dass es bereits in der Vorbereitung ein gemeinsames Training gab. Außerdem kenne ich Ralph Börmel, war selbst bei ihm Spieler in Apolda und halte generell sehr viel davon, wenn man gemeinsam trainiert und nicht nur diesen absoluten Wettspielcharakter hat. Ich sehe denn HBV als ambitioniertes Team und als positiven Trainingspartner „, so Pierre Liebelt.
Der 32-Jährige erhofft sich von dem Besuch der Saalestädter auch einen Blick über den quasi „Handball-Tellerrand“. „Wir haben hier jetzt andere Spielertypen dabei sowie eine ganz andere Trainingsbeteiligung, oftmals ist es ja im Amateursportbereich so, dass mitunter einzelne Spieler aufgrund von Arbeitsverpflichtungen nicht zum Training kommen können – heute jedoch ist die Halle voll und alle scheinen Spaß zu haben“, sagt Liebelt. Gegenseitige Inspiration eben.
Gut zwei Dutzend Handballer sind zugegen, der Tenor ist äußerst familiär, denn nicht wenige der Spieler kennen sich. Shakehands, Schulterklopfen samt ein paar knackiger Worte wohin man schaut.
Liebelt, einst zwischen den Pfosten aktiv und jetzt als Pädagoge tätig, leitet dann auch das Training für beide Teams, während Ralph Börmel seinem einstigen Schützling von der Seitenlinie beäugt. Bevor das eigentliche Spiel, der eigentliche Kern des Trainings, angepfiffen wird, stehen jedoch erst einmal alle Zeichen auf Erwärmung. Der SV-Coach lässt vier Gruppen bilden, zwei Hermsdorfer, zwei Jenaer, die zum Finale dann auch einen kleinen Wettstreit austragen müssen – die Jenaer Teams gewinnen. Die Hermsdorfer müssen indes Hockstrecksprünge absolvieren.
Wie er denn die vergangenen beiden Spieltage bewertet? „Der Sieg gegen Pirna hat uns mächtig Auftrieb gegeben, doch danach hatten wir im Training ein paar Probleme aufgrund von Verletzungen und einer etwas schlechteren Beteiligung. Gegen eine ambitionierte Mannschaft wie Apolda konnten wir mit der hohen Fehlwurfquote einfach nicht gewinnen“, resümiert der Coach.
Drei Langzeitverletzte zählt er mit Sebastian Triller, Johannes Rudolph und Matthias Krüger in seinen Reihen, was natürlich auch Auswirkungen auf das generelle Spiel seines Teams hat. „Mit dem Ausfall von Sebastian Triller müssen jetzt alle Spieler einfach mehr Verantwortung übernehmen. Davor war es eben so, dass er oftmals die Verantwortung übernommen hat.“ Den Ausfall von Johannes Rudolph habe man indes in Apolda deutlich gespürt, fungiert die Nummer doch als etatmäßiger Siebenmeter-Schütze der Hermsdorfer. Natürlich, die Situation sei alles andere als rosig, doch es mache ihm Spaß, räumt Liebelt ein. Ob der denn Druck verspüre? „Nein, über die Tabellensituation war ich mir im Vorfeld im Klaren. Es geht bei uns sicherlich nicht um den Aufstieg, wir müssen jetzt einfach so viele Punkte wie nur möglich holen. Wir werden sehen, was am Ende dabei rauskommt. Die Liga ist sehr ausgeglichen“, betont der Trainer, der sein Team als „sehr intakt“ charakterisiert. „Sie können sehr unbekümmert, aber auch sehr diszipliniert spielen wie etwa gegen Pirna. Außerdem darf man nicht vergessen, dass es sich um eine recht junge Mannschaft handelt, viele Spieler stehen am Anfang ihrer sportlichen Laufbahn.“
Mit der Leistung seiner Mannschaft nach dem eigentlichen Spiel war Pierre Liebelt dann auch nach dem eigentlichen Spiel zufrieden. Der junge Trainer gibt sich optimistisch. Von daher trifft, zumindest der erste Teil, eines Sprichwortes von Mark Twain auf ihn zu: „Es gibt keinen traurigeren Anblick als einen jungen Pessimisten – mit Ausnahme eines alten Optimisten.“
OTZ/Marcus Schulze/06.01.2017