Wenig hatten die geschwächten Damen des SV Hermsdorf den Gästen des TSV Motor Gispersleben am Sonntag entgegenzusetzen
Von Marcus Schulze
Hermsdorf. Steffi Lippold griff hinter sich. Mal wieder. Doch bevor die Schlussfrau des SV Hermsdorf den Ball aus dem Netz fischte, ruhte sie noch ein paar Momente in sich. Ihr Blick dabei sprach wahre Bände: eine Melange aus Frust, Enttäuschung und wohl auch Desillusionierung. Und die Spielerin mit der Nummer 1 hatte auch allen Grund für dergleichen, denn erneut hatten sie ihre Spielerinnen im Stich gelassen, hatten sich von einem der berüchtigten Tempogegenstöße des TSV Motor Gispersleben, vor denen Trainer Andreas Schöppe im Vorfeld gewarnt hatte, überrennen lassen.
Es war dann auch nicht das erste Mal, dass eine Gisperslebnerin völlig allein vor dem Tor des SV Hermsdorf auftauchte und es letztlich an Steffi Lippold lag, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Mehr als nur einmal gelang ihr das, allein zu Beginn der Partie parierte sie dreimal in kürzester Zeit und hielt zudem später noch einen Siebenmeter – und somit ihr Team auch im Rennen. Doch irgendwann stößt auch die souveränste Torfrau an ihre Grenzen. Gerade wenn das Gegenüber Isabell Schiano heißt und auf der rechten Position kaum zu stoppen ist und aus – zumindest gefühlt – allen Lebenslagen schießen kann und hin und wieder trifft. So auch bei jenem Tor in der 27. Minute zum 6:12, in dessen Folge die Torhüterin sichtbar gefrustet den Ball aus ihrem Kasten holte. Drei Tore hatten die Damen des SV Hermsdorf da binnen von gut einer Minute kassiert und dem einen oder anderen Zuschauer und wohl auch den Spielerinnen des SV Hermsdorf – allen voran Steffi Lippold – schwante da mit Sicherheit, dass es an diesem Spieltag nicht sonderlich viel zu holen geben wird. Was letztlich auch der Fall war, 17:24 (8:13) lautete schließlich der Endstand.
Wenig hatte das krankheitsbedingt geschwächte Team von Andreas Schöppe den Gästen aus der Landeshauptstadt entgegenzusetzen. Allein was die Körpersprache anging, trafen da Welten in der Werner-Seelebinder-Halle aufeinander. Die Gastgeberinnen fanden kaum ein spielerisches Mittel, um an des Gegners Kreis durchzubrechen. Dazu gesellten sich noch allerhand Abspielfehler, die die äußerst flinken Spielerinnen von Patrick Engemann stets zu nutzen wussten – sprang doch nicht selten Zählbares dabei heraus. Gerade gegen Andrea Arndt und eben Isabell Schiano schien kein Kraut gewachsen. Das fachkundige Publikum auf den Rängen indes bewertete das Dargebotene der SV-Damen mit „Katastrophe“ oder etwa dem Klassiker „Mann, Mann, Mann“. Für jene Momente, in denen die Zuschauer dennoch jubeln durften, waren neben Torfrau Steffi Lippold, die auch in der zweiten Hälfte noch so manches Handball-Geschoss entschärfen konnte, auch Routinierin Kerstin Golz, die zweimal die TSV-Schlussfrau mit einem geradezu coolen Heber überwinden konnte, verantwortlich.
Doch ansonsten blieb der SV Hermsdorf, gerade mit Blick auf die vorangegangene Partie gegen den HBV Jena 90, hinter seinen Möglichkeiten. „Wir können mit unserer Leistung heute nicht zufrieden sein. Das haben wir in den vergangenen drei Spielen, vor allem auswärts, besser gemacht“, so das Fazit von Andreas Schöppe. Besonders in der Abwehr sei sein Team nicht in die Puschen gekommen – und zwar von Beginn an. Es habe nicht an Lücken gemangelt, letztlich eine Einladung für die Gäste. „Von unserer Durchschlagskraft war heute nichts zu sehen. Wir hatten bereits bei den einfachen Toren unsere
Durchschlagskraft war heute nichts zu sehen. Wir hatten bereits bei den einfachen Toren unsere Probleme und haben einfach nicht unsere Leistung abrufen können“, ergänzte der Coach, der zwar darauf verwies, dass die eine oder andere Spielerin angeschlagen war oder eben fehlte, dies jedoch nicht als Entschuldigung für das in Gänze schwache Abschneiden seines Teams verkaufen wollte.
Der erste Treffer der Partie gebührte dann auch den Handballerinnen aus der Landeshauptstadt nach 1:49 m, doch danach war erst einmal Schicht im Schacht in Sachen Toren. Gut sechs Minuten mussten sich die Zuschauer gedulden, um ein zweites Tor zu sehen – welches dann auch noch die Gäste erzielten. Anschließend gingen noch einmal zwei Minuten ins Land, bis denn Treffer Nummer 3 – ebenfalls für die Gäste – fiel.
Es oblag SV-Spielführerin Jessica Winkler, das erste Tor für die Gastgeberinnen zu erzielen, die danach auf zwei Treffer (2:4) verkürzen konnten, doch die entschlossenen Gäste setzten sich ab (2:6), bevor sie – nachdem noch einmal vier gänzlich torlose Minuten dargeboten worden – ihren Vorsprung auf sechs Treffer zum 6:12 ausbauten.
Nach der Pause verkürzte Renáta Kertész auf 9:13, doch Gispersleben antwortete umgehend mit drei Treffern (9:16). Noch einmal gab es seitens des SV ein kleines Aufbegehren als Routinierin Kerstin Golz erst auf 15:20 und dann auch noch 16:20 verkürzte, doch das Team von Patrick Engemann wusste Weiteres zu verhindern. Zuvor konnten die Handballerinnen aus dem SHK eine Überzahl – zwei TSV-Spielerinnen bekamen Zeitstrafen – sowie einen Siebenmeter nicht nutzen.
„Wir können das besser, doch heute waren wir oftmals einfach zu langsam oder zu spät“, so Andreas Schöppe. Und so bleibt letztlich das Bild von Torfrau Steffi Lippold, wie sie da allein und frustriert vor dem Kasten steht, weil sie wieder einmal allein gelassen wurde. Fehlte nur noch das Lied von Polarkreis 18 zur Untermalung, welches da „Allein, Allein“ hieß.
Otz/24.01.17/Marcus schulze