Jan 24, 6 Jahren ago

Der Widerspenstigen Zähmung

40 Minuten beißt sich der SV Hermsdorf an Aufbau Altenburg die Handball-Zähne aus, ohne sich nennenswert absetzen zu können, bis denn Marvin Schreck dreimal trifft

Von Marcus Schulze

HERMSDORF Ernüchterung war da zu vernehmen. Und auch Skepsis schwang da unterschwellig im Subtext mit – beides nicht ganz unbegründet, zumal die Zahlen auf der Anzeigetafel in der Werner-Seelenbinder-Halle in Hermsdorf am Sonnabend die Äußerung jener Frau, die bei jedem Heimspiel des SV Hermsdorf in der ansonsten von Männern dominierten Trommler-Ecke da auf der Tribüne tapfer an ihrem Instrument ausharrt, bestätigten sollten.

Wir schreiben die 15. Minute der Begegnung zwischen dem SV Hermsdorf und Aufbau Altenburg, als besagte Anzeigetafel ein wahrlich ausgeglichenes 7:7 zierte. Das sei nun nicht so pralle, so das temporäre Fazit der SV-Anhängerin. Ihr Urteil offenbarte jedoch gleichzeitig auch die Sehnsucht einer wahren Fan-Seele, eben jene Sehnsucht danach, dass ihren Handball-Helden nach dem verkorksten Auftakt 2018 in den heimischen Gefilden gegen den Aufsteiger ein Befreiungsschlag gelingen möge. Dass sie sich den aufgestauten Frust regelrecht von den Seele schießen und sich vom Joch der Niederlage – und zwar aus eigener Kraft – befreien würden. Doch in jener 15. Spielminute war davon nur bedingt etwas zu sehen. Die Gäste gaben sich wahrlich widerspenstig, deren Zähmung aus Hermsdorfer Sicht partout nicht gelingen wollte. Gerade Tommy Bauch – Nummer 10 – und Nico Bertus – Nummer 7 – demonstrierten recht eindrucksvoll, dass man auch in Altenburg weiß, wo denn so ein kleiner Ball hingehört und wie man mit diesem umzugehen hat. Und auch in der Defensive zeigten sich die Aufbau-Protagonisten zu anfangs äußerst entschlossen, wenn nicht gar rustikal. In den ersten zehn Minuten mangelte es dann auch nicht an Verwarnungen.

Zu Beginn der Partie konnte sich der Gastgeber zeitweilig auf zwei Tore absetzen (4:2/5:3), doch Altenburg gelang mehr als nur einmal die Egalisierung, ging sogar mehrmals mit einem dünnen Treffer in Führung. Die Mannen von Pierre Liebelt verpassten es in der ersten Hälfte schlichtweg, sich nennenswert abzusetzen. Dafür scheiterten sie mitunter wunderschön. Jan Heilwagen, Sebastian Hammer, Felix Reis oder Hannes Rudolph, bei dem alles stets noch einen Zacken virtuoser daherkommt, wenn er denn eine gefühlte Ewigkeit da in der Luft verweilt. Rudolph bewies dafür seine Nervenstärke vom Sieben-Meter-Punkt aus, versemmelte er doch nur einen seiner neun (!) Strafwürfe– und gerade im ersten Durchgang waren jene Tore von großer Bedeutung, verhinderten sich doch mitunter ein mögliches Absetzen des Gegenübers.

Riedel immer noch ein Sturm-und-Drang-Jünger

Nein, ein Selbstläufer war es bis dato bei weitem nicht. Einer, der sich mit den Verhältnissen da auf dem Platz so gar nicht abfinden wollte, war Stefan Riedel, der dann besonders beherzt in die Zweikämpfe ging und dafür auch zweimal auf der Bank Platzen nehmen musste. Irgendwie sympathisch, wie denn in dem Routinier immer noch das Herz eines Sturm-und-Drang-Jüngers schlägt. Fast so, als ob Curd Jürgens da einst die Zeilen „…60 Jahre und kein bisschen weiser…“ nur für Stefan Riedel geschrieben hätte. Ein Haudegen eben.

Nun gehört es zum Wesen eines Fans, dass er geradezu naturgemäß auch immer irgendwie ein Optimist ist. Stets darauf hoffend, dass sich die Dinge perspektivisch zum Guten wenden. So auch jene Frau im Trommler-Stelldichein da in der äußersten Ecke, denn nachdem sie den Spielstand kritisch hinterfragte, verwies sie mit ihrem nächsten Atemzug auf die zweite Halbzeit, womöglich werde dann alles besser werden. Letztlich waren es geradezu prophetische Worte, die sie da äußerte, denn ab der 40. Spielminute – Pausenstand 13:12 – sollte sich das Blatt zu Gunsten der Kreuzritter wenden: Sie konnten sich endlich absetzen.

Gelang den Skatstädtern noch in der 36. Minute der Ausgleich zum 15:15, war es Marvin „Arbeitstier“ Schreck, der mit seinen drei Treffern binnen zwei Minuten erstmals einen Vorsprung für den SV Hermsdorf jenseits der bis dato geradezu verbindlichen Zwei-Tore-Grenze erzielte. Es war das Fundament für den späteren Sieg. Ab der 40. Minute waren es unter anderem Felix Reis, Jan Heilwagen, Hannes Rudolph, Sebastian Hammer oder Maximilian Remde, die mit treffsicheren Beiträgen Aufbau Altenburg auf Distanz hielten. 24:18 lautete der Spielstand, als denn die 49. Minute der Begegnung angebrochen war.

Die verbleibenden zehn Minuten waren sicherlich dann auch Balsam für die Seele eines jeden Fans, da sich die SV-Akteure nicht mit reiner Ergebnisverwaltung zufrieden gaben. Nein, des Gegners Gehäuse stand bei ihnen immer noch hoch im Kurs, was sich letztlich auch im 32:21-Endstand widerspiegelte.

„Es war das schwere Spiel, das wir im Vorfeld erwartet hatten. Man hat gesehen, dass die Köpfe bei den Spielern nicht frei waren. Als wir schließlich mit fünf Toren führten, konnten wir endlich befreit aufspielen“, resümierte Pierre Liebelt. Sein Team habe 40 Minuten nicht optimal gespielt, doch am Ende elf Tore mehr als der Gegner erzielt. „Altenburg mag unten stehen, doch sie sind kein Kanonenfutter, die machen es jedem Gegner schwer“, gab der Coach zu bedenken. Nichtsdestotrotz habe sein Team gezeigt, dass es in der Lage sei, gegnerische Fehler in etwas Zählbares zu verwandeln. Die Verteidigung sei während der ersten 30 Minuten, neben der Chancenverwertung, so ein wenig die Achilles-Sehne in den Reihen der Hermsdorfer gewesen. Nach der Pause, als sich bevorzugt Matthias Krüger und Gabor Csikos um die Geschicke der Defensive kümmerten, sei das dann alles von etwas stabilerer Natur gewesen. „Das war heute mehr als nur ein reiner Arbeitssieg. Die Mannschaft hat in den ersten 40 Minuten Moral bewiesen, hat nicht aufgegeben. Am Ende hat sie dann gezeigt, was denn möglich ist“, so das Fazit von Pierre Liebelt.

Ach ja, die Frau blickte nach dem Abpfiff wahrlich zufrieden drein und ließ darüber hinaus – leicht süffisant – den Autor dieser Zeilen wissen, dass sie es ja vorhergesagt habe.

SV Hermsdorf: Rudolph (8), Schreck (4), Reis (3), Riedel, Nedved, Hammer (5), Heilwagen (5), Ehm, Zehmisch, Csikos, (2), Remde (3), Krüger, Minas (2)

Otz/Marcus Schulze/23.01.2018

Otz Vorbericht zum Spiel gegen Altenburg von Marcus Schulze 20.01.2018

Warten auf den ersten Sieg beenden

SV Hermsdorf trifft heute auf Altenburg

Hermsdorf. Nein, die Handballer des SV Hermsdorf warten nicht auf Godot. Sie warten nicht allein des Wartens wegen, denn anders als die beiden Protagonisten namens Estragon und Wladimir da in Samuel Becketts Stück „Warten auf Godot“ (1952) besitzt das Ausharren der Mannen von Pierre Liebelt ein äußerst konkretes Ziel. Es ist der erste Sieg des noch jungen Jahres 2018, welchen sie geradezu kollektiv herbeisehnen.

Hinrundenspiel gegen Novize eine Warnung

Womöglich kann das sehnsuchtsvolle Warten heute Abend abgeschlossen werden, wenn denn der SV Hermsdorf auf Aufbau Altenburg trifft. Im ersten Moment klingt das dann auch nach äußerst klaren Verhältnissen, da die Handballer aus der Skatstadt das Label Thüringenliga-Novize tragen. Aber die Kreuzritter haben den Auswärtstermin damals Anfang September in eben Altenburg, als sie denn in allerhöchster Not dank Maximilian Remde noch mit 31:30 siegen konnten, nicht vergessen. Im Nachhinein kann man jene Partie als Menetekel für den weiteren Saisonverlauf interpretieren. „Das sollte uns auf jeden Fall eine Warnung damals gewesen sein“, sagt Pierre Liebelt, der jedoch auch darauf verweist, dass sich andere etablierte Mannschaften der Thüringenliga auf dem neuen Parkett ebenfalls schwer getan hätten.

Martin Ehm und Tom Friedrich verletzt

Der Umstand, dass die Rückraum-Akteure Tom Friedrich und Martin Ehm – beide umgeknickt – verletzungsbedingt fehlen werden, macht das Unterfangen für die Hausherren nicht gerade einfacher.

Nichtsdestotrotz stehen die Handballer des SV Hermsdorf – wohlwissend – in der Pflicht. „Natürlich wollen wir nach dem wahrlich unglücklichen Start in das Jahr 2018 nun endlich unseren ersten Sieg holen. Über etwas anderes brauchen wir an dieser Stelle gar nicht erst zu sinnieren, weil es schlichtweg inakzeptabel wäre“, sagte Pierre Liebelt – und zwar durch und durch entschlossen.

mase

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