In einer spannenden Handballpartie siegt der SV Hermsdorf über die HSG Werratal – mit zwei Bekannten an Bord
Von Marcus Schulze
War der überragende Akteur am Sonnabend gegen die HSG Werratal 05: Paul Götze. SV Hermsdorf
Breitungen Robert Zehmisch behielt auch unter Druck den Überblick. Ja, der Torhüter des SV Hermsdorf traf kurz vor dem Ende der Begegnung zwischen den Kreuzrittern und der HSG Werratal 05 die womöglich wichtigste Entscheidung des Spiels: Er erblickte Hannes Rudolph, der sich nach des Keepers Balleroberung geistesgegenwärtig schon auf den Weg gen gegnerische Hälfte gemacht hatte und darauf hoffte, dass Zehmisch ihm das kleine klebrige Leder zuspielen werde…
Und Zehmisch erblickte Rudolph und bediente „Mr. Schwerelos“ beim Stand von 31:31 mit einem maßgeschneiderten Pass quer durch die gesamte Halle. Rudolph wiederum fing das kleine klebrige Leder 38 Sekunden vor dem Abpfiff der Begegnung in der Thüringenliga im Sportzentrum Breitungen und schickte es auf diese Reise gen HSG-Tor – mit Erfolg. 32:31 (13:15) triumphierten die Handballer aus Ostthüringen und konnten somit die Tabellenspitze in ihrer Staffel behaupten.
Letztlich war es der finale Treffer einer spannenden Begegnung, in der über weite Strecken der Gastgeber die Führung innehatte, sich aber nie zwingend absetzen konnte. Ja, die Entscheidung fiel im wahrsten Sinne des Wortes in der allerletzten Minute…
„Diesen Sieg haben wir uns schwer erkämpft“, resümierte Mario Kühne, der bei seinem Fazit etwas hin- und hergerissen war. Am Ende würden lediglich die zwei Punkte zählen; niemand frage später danach, wie man sie geholt habe, sinnierte der SVH-Coach. Natürlich freue er sich über den Sieg, doch zufrieden sei er mit dem Dargebotenen seines Teams nicht gewesen, monierte Kühne und legte den Finger in die defizitäre Wunde. In der Abwehr habe so gut wie gar nichts gepasst. Man habe keinen Zugriff bekommen, zumal Werratal sehr gut in der Offensive agiert habe, insbesondere HSG-Akteur Julian Rothämel habe die Verteidigung um Kapitän Martin Ehm und Urgewalt Oleksandr Petrov phasenweise vor gefühlt unlösbare Probleme gestellt. „Aber was will man erwarten, wenn man mit sechs oder gar nur drei Leuten trainiert. Das kann ja nicht funktionieren; da kommt man ganz schnell an seine Grenzen“, monierte Kühne gar genüsslich weiter.
Um nun Julian Rothämel, der insgesamt zehn Tore erzielte, irgendwie nur habhaft zu werden, nahm man ihn schließlich in Manndeckung – und am Ende war es laut Kühne eben dieser taktische Kniff, mit dem die Handballer aus Hermsdorf die gar widerspenstigen Hausherren bändigten.
Der überragende Protagonist bei dem Auswärtstermin im Landkreis Schmalkalden-Meiningen war laut Mario Kühne indes Paul Götze, der offensiv und defensiv überzeugte und letztendlich sieben Tore zum Sieg beisteuerte. Eines davon war jenes zum 31:31-Ausgleich gut eine Minute vor dem Ende der Begegnung. Auch mit dem Dargebotenen von Felix Reis zeigte sich der Trainer zufrieden, gerade vor dem Hintergrund, dass der Rückraumakteur die Woche über mit einer Erkältung zu kämpfen hatte und daher nicht am Training teilnehmen konnte. Sechs Tore erzielte Reis für sein Team. Und dann war da ja auch noch die Haudegen-Truppe um Marvin Schreck, Mike Anlauf und Stefan Riedel. „Marvin hat ohne Murren und frei von Schnörkeln seine Aufgabe angenommen und erledigt; Mike ebenso, und Stefan hat mit seinen 40 Jahren komplett durchgespielt“, hielt der Coach fest.
Doch um den SVH-Kader war es am Sonnabend nicht sonderlich gut bestellt, brachen die Kreuzritter doch ohne Daniel Zele, Kristijan Smiljcic, Cedric Schreiber, Jan Heilwagen, Fritz Reis und Sebastian Hammer gen Breitungen auf.
Kühne und seine Mitstreiter hatten sich derweil schon die Woche über Gedanken darüber gemacht, wie sie die zahlreichen Ausfälle – punktuell – kompensieren können und fanden auf die Schnelle zwei recht lukrative Lösungen: Zum einen konnte man Rückraum-Akteur John Le gewinnen, seines Zeichens waschechtes HBV-Jena-90-Eigengewächs, das danach noch für den HC Burgenland und die HG 85 Köthen spielte, zum anderen holte man Flügelspieler Nick Heinemann mit ins Kreuzritter-Boot, der einst für den ThSV Eisenach und den HSV Apolda spielte.
Während man mit John Le (28 Jahre) schon vor der Partie gegen Werratal in Kontakt stand, hatte Martin Ehm den 38-jährigen Nick Heinemann kurzerhand angerufen, als sich abzeichnete, dass Jan Heilwagen ausfallen wird. Als Martin Ehm Nick Heinemann nun am Freitag kontaktierte, sei dieser gerade im Fitnessstudio gewesen und wollte anschließend in den Thüringer Wald aufbrechen, um Ski zu fahren, berichtete Martin Ehm. Der Hermsdorf-Kapitän und Nick Heinemann stammen beide aus Großschwabhausen; kennen sich von Kindesbeinen an. Ergo: Man kennt sich, man hilft sich…
„Wenn man all die Umstände berücksichtigt, war das schon okay, was wir da am Sonnabend abgeliefert haben; eine Mischung auf Improvisation und Willen, doch ich weiß, dass wir das besser können“, sagte Mario Kühne abschließend.
Und wie fiel die Heimfahrt mit dem Bus gen Hermsdorf nach dem Auswärtssieg aus? „Die war recht angenehm, aber alles andere als euphorisch. Zum einen waren die Jungs platt, zum anderen haben sie auch mit ihrer eigenen Leistung gehadert, und deshalb kam das alles ein bis zwei Ideen leiser als sonst daher“, berichtete der Trainer.
Ach ja, ob der dünnen Personaldecke waren auch Mario Kühne und sein Handball-Adlatus Tobias Högl als Spieler gemeldet. Worst Case und so. „Ich bin heilfroh, dass der Kelch an mir vorbeigegangen ist; mein Einsatz in Arnstadt hat mir gereicht. Am nächsten Tag konnte ich kaum noch laufen. Tobi hingegen hatte richtig Bock zu spielen, der war richtig heiß darauf“, sagte Mario Kühne und lachte…